MPIfG Working Paper 05/10, Oktober 2005

 

Politisch-institutionelle Determinanten aktionärsorientierter Reformen

 

Martin Höpner , Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung Köln

 

Ich danke Anke Hassel und Britta Rehder für ihre hilfreichen Kommentare zu einer früheren Version des Textes.

 

 

 

Abstract

 

This text is a preliminary study on the political-institutional determinants of shareholder oriented reforms in 21 OECD countries. I analyse stock and flow data on the development of stock market capitalization and on the rights of minority shareholders (La Porta et al. index) between 1990 and 2000 respective 2002. Six groups of dependent variables are distinguished: (1) economic, (2) structural, (3) cultural variables; (4) the political composition of governments; (5) institutions of consociational democracy and (6) labor relations. The analysis shows that there is a strong empirical relationship between shareholder oriented reforms and the importance of private pension schemes. In 1990, high shareholder protection was typical for countries with conservative and liberal governments, while low shareholder protection was a particular feature of catholic countries. This empirical relationship declined during the 1990s. As a consequence of weak reforms in the Nordic countries, minority shareholder protection in the year 2000 was comparatively low in countries governed by Social Democratic parties. Reforms went further in pluralist rather than corporatist countries. I use these preliminary results to identify further need for research. Most urgently, more comparative indexes on corporate governance features - such as takeover regulation and shareholder democracy - need to be developed.

 

 

Zusammenfassung

 

Dieser Text beschreibt eine explorative Vorstudie zu den politisch-institutionellen Determinanten aktionärsorientierter Reformen im Vergleich von 21 OECD-Ländern. Als abhängige Variablen dienen Daten zur Entwicklung der Marktkapitalisierungen sowie der La-Porta-et-al.-Index, der die Reichweite von Aktionärsrechten abbildet. Es werden Stocks für die Jahre 1990 und 2000 bzw. 2002 sowie Flows für die neunziger Jahre untersucht. Sechs Gruppen potenziell erklärungskräftiger Variablen werden unterschieden: (1) wirtschaftliche, (2) strukturelle, (3) kulturelle Variablen; (4) parteipolitische Regierungszusammensetzung; (5) verhandlungsdemokratische Institutionen; sowie (6) Arbeitsbeziehungen. Es zeigt sich ein enger Zusammenhang zwischen aktionärsorientierten Reformen und dem Stellenwert privater Altersvorsorge. Noch 1990 standen vor allem konservative und liberale Regierungen für ausgebaute, katholische Länder hingegen für schwach entwickelte Aktionärsrechte; diese Zusammenhänge haben sich in den neunziger Jahren abgeschwächt. Wegen geringer Reformtätigkeit in den nordischen Ländern wiesen sozialdemokratisch geprägte Länder im Jahr 2000 vergleichsweise schwache Aktionärsrechte auf. Reformen fielen umso weit reichender aus, je pluralistischer die Interessengruppensysteme der betreffenden Länder organisiert waren. Diese vorläufigen Ergebnisse werden genutzt, um weiteren Forschungsbedarf zu identifizieren, der im Rahmen eines größeren Projektzusammenhangs abzuarbeiten ist. Forschungsbedarf liegt vor allem in der Erfassung und Codierung weiterer Dimensionen der Unternehmenskontrolle wie der Übernahmeregulierung und der Aktionärsdemokratie.

 

 

 

Inhalt

 

Einleitung

 

Die Zielvariablen

 

Potenziell erklärungskräftige Variablen

Wirtschaftliche Spezialisierung

Struktureller Druck und Internationalisierung

Kulturelle Einflüsse

Parteien

Verhandlungsdemokratie

Arbeitsbeziehungen

 

Ergebnisse der Datenanalyse

 

Fazit: Implikationen für zukünftige Forschung

 

Definitionen und Quellen der Variablen

 

Literatur

 

 

 

 

 

 

 

Bei diesem Text handelt es sich um eine explorative Vorstudie zu den politisch-institutionellen Determinanten aktionärsorientierter Reformen im OECD-Ländervergleich. Es werden Dimensionen identifiziert, anhand deren die Reichweiten von Reformen der Unternehmenskontrolle im Ländervergleich eingeschätzt werden können; potenziell erklärende Variablen werden in Gruppen sortiert, vorgestellt und auf bivariate Zusammenhänge mit den bisher vorliegenden Zielvariablen geprüft; auf Grundlage dieser vorläufigen Ergebnisse werden Implikationen für weitere Forschung diskutiert und mögliche Gegenstände von Fallstudien identifiziert. Gemäß der Zielsetzung der WP-Reihe des MPIfG werden die Vorüberlegungen hiermit erstmals der Fachöffentlichkeit präsentiert, um Anregungen und kritische Einwände in die weitere Forschungstätigkeit einfließen lassen zu können.

 

 

 

1

Einleitung

 

Fragen der Unternehmenskontrolle zählen traditionell nicht zu den Forschungsgegenständen der Politikwissenschaft und wurden in der Vergangenheit vor allem von Betriebswirten, Volkswirtschaftlern und Wirtschaftsjuristen behandelt. Unternehmenskontrolle - als deutsche Übertragung des Fachbegriffs Corporate Governance - bezeichnet die Modi der Verfügungsgewalt über Unternehmen und ihre Verteilung auf unterschiedliche Stakeholder-Gruppen, zu denen Führungskräfte, Großaktionäre mit unterschiedlichen Interessenhintergründen, Streubesitzanleger, Kreditgeber, Betriebsräte und Gewerkschaften zählen. In demokratisch regierten, kapitalistischen Volkswirtschaften ist die Unternehmenskontrolle Gegenstand extensiver staatlicher Regulierung, die zuvörderst auf das Aktienrecht, im weiteren Sinne auch auf Kapitalmarktrecht und Mitbestimmungsrecht entfällt. Die Politikwissenschaft hat herausgearbeitet, dass unterschiedliche Regulierungsfelder unterschiedlichen politischen Dynamiken unterliegen und in unterschiedlichem Maß durch Machtressourcen korporativer Akteure, Demokratietypen und Parteipolitik geprägt werden. Die politischen Dynamiken der Regulierung der Unternehmenskontrolle fallen somit in den Zuständigkeitsbereich der vergleichenden Policy-Forschung als Teildisziplin der Politikwissenschaft.

 

Erst seit kurzem steigt das politikwissenschaftliche Interesse an der Unternehmensregulierung. Das hat zum einen mit der rapiden Entwicklung des Comparative Capitalism als eigenständiger Teildisziplin der interdisziplinären politischen Ökonomie zu tun. Mit der Entwicklung des Korporatismus-Ansatzes in den siebziger und achtziger Jahren vergleichbar, baut der Comparative-Capitalism-Ansatz Gesprächsbrücken zwischen Experten unterschiedlicher Teilbereiche und wirkt deshalb integrierend auf die Disziplin(en). Vertreter dieses Ansatzes behandeln Produktionsregime als integrierte Gesamtsysteme unterschiedlicher Sphären, die ihrerseits kausal und funktional miteinander verknüpft sind (Kohärenz, Komplementarität, Kompatibilität). Neben der Unternehmenskontrolle werden die Arbeitsbeziehungen, der Wohlfahrtsstaat, das Wettbewerbsregime und die Aus- und Weiterbildung als Teilsphären von Produktionsregimen diskutiert. Wegen der von Vertretern des Ansatzes aufgezeigten "Verknüpftheit" der Unternehmenskontrolle mit anderen Teilsphären wurde ihr in den vergangenen Jahren verstärkte Aufmerksamkeit auch unter Politikwissenschaftlern zuteil.

 

Ein zweiter Grund für das gestiegene Interesse an Fragen der Unternehmenskontrolle liegt in der enormen Reformtätigkeit, die sich in den westlichen Industrienationen seit etwa Mitte der neunziger Jahre in diesem Bereich entfaltet. In ausnahmslos allen demokratisch regierten kapitalistischen Ländern stärkten die Regierungen in den vergangenen Jahren den Einfluss der Aktionäre und die Verantwortlichkeit der Vorstände gegenüber den Kapitalmarktteilnehmern. Davon zeugt der zunehmende Schutz der Minderheitsaktionäre vor Übervorteilung durch Banken, Manager und Großaktionäre ebenso wie aktionärsorientierte Reformen der Rechnungslegung, verlässliche Regeln für feindliche Übernahmen und Offenlegungspflichten gegenüber Aufsichtsorganen und Hauptversammlungen. Damit nähert sich die institutionelle Verfasstheit der Unternehmenskontrolle in den kontinentaleuropäischen Ländern der angloamerikanischen Praxis an. Gleichzeitig sind Regulierungsschübe aber auch in der englischsprachigen Ländergruppe zu beobachten. Dass solche Reformen ländergruppenübergreifend zu beobachten sind, deutet auf funktionale Anstöße, die alle Länder gleichermaßen betreffen. Dazu zählen vor allem das Wachstum institutioneller Anleger, die internationale Diversifizierung ihrer Anlagen und technologische Veränderungen auf den Aktienmärkten. Allerdings verlaufen diese Reformen auf unterschiedlichen Pfaden und haben unterschiedliche Geschwindigkeiten. So ist Deutschland mit dem "Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich" von 1998 ein europäischer Vorreiter bei der Verwirklichung des Prinzips "one share, one vote", hat in der Auseinandersetzung um die europäische Übernahmerichtlinie aber gegen Länder wie Großbritannien und Schweden für Spielräume der Unternehmensleitungen bei der Abwehr feindlicher Übernahmen gestritten. Über die politischen Ursachen solcher Unterschiede ist bisher wenig bekannt.

 

Die hier präsentierten Vorüberlegungen und ersten empirischen Tests stehen im Zusammenhang meiner Forschungstätigkeit rund um den "organisierten Kapitalismus in Deutschland", bei der unterschiedliche Methoden, unter anderem Vergleiche mit kleiner Fallzahl und historische Fallstudien, zum Tragen kommen. In diesem Papier versuche ich, die Frage der Reformtätigkeit der Regierungen im Bereich der Unternehmenskontrolle unter Rückgriff auf die Methode des statistischen Ländervergleichs zu behandeln, für die in Deutschland besonders Experten der vergleichenden Policy-Forschung wie Manfred G. Schmidt stehen. Dabei behandle ich den Ländervergleich nicht als statistischen "Test" konkurrierender Hypothesen im engeren Sinne, sondern weise ihm eine hypothesengenerierende Funktion zu, die es ermöglicht, aus dem großen Angebot denkbarer Zusammenhänge eine Vorauswahl von aufgrund der Datenlage plausibel wirkenden Effekten zu identifizieren, die dann der Bestätigung durch qualitative Forschungsmethoden bedürfen. Die in diesem Papier angestellten Überlegungen beziehen sich auf Daten zu den Unternehmenskontrollsystemen von 21 OECD-Ländern[1] und deren Entwicklung in den neunziger Jahren.

 

 

Die Zielvariablen

 

Die Datenlage zur Unternehmenskontrolle in den westlichen Industrienationen ist bislang unbefriedigend. Meinem Eindruck nach wäre die Konstruktion dreier additiver, als Zielvariablen nutzbarer Indizes wünschenswert, die im Ergebnis über Reichweiten und unterschiedliche Dimensionen des Aktionärsschutzes Auskunft geben würden:

 

1. Die Durchsetzung des Prinzips "one share, one vote" und die Anzahl erlaubter Abweichungen hiervon (zum Beispiel Volkswagen in Deutschland) könnten in einem Index beschrieben werden. Dabei wäre zwischen unterschiedlichen Arten der Durchbrechung von "Aktionärsdemokratie" - zum Beispiel über goldene Aktien, Mehrfachstimmrechte, stimmrechtslose Aktien, Doppelstimmrechte für lang gehaltene Aktien - zu unterscheiden.

 

2. Die Rechte der Minderheitsaktionäre gegenüber den Vorständen beschreiben eine zweite Dimension des Aktionärsschutzes. Als Maß kann der La-Porta-et-al.-Index verwendet werden (siehe unten).

 

3. Als Drittes wäre das Übernahmerecht in den betrachteten Ländern zu vergleichen. Je stärker das nationale Recht feindliche Übernahmen begünstigt, umso aktionärsorientierter ist das System der Unternehmenskontrolle. Auch hier wären verschiedene Kriterien zu unterscheiden, vor allem die Regulierung des Gebotsvorgangs, der Schutz der Kleinaktionäre im Zuge der Übernahme, die Verteidigungsmöglichkeiten des angegriffenen Managements und die notwendigen Schritte vor Ingangsetzung solcher Verteidigungsmaßnahmen.

 

Darüber hinaus kann erwogen werden, Daten zur Transparenz der Rechnungslegung in die Analysen einfließen zu lassen.[2] Ob sich die entsprechenden Informationen durch frei zugängliche Dokumente erheben lassen, oder aber beispielsweise die Feinheiten des finnischen Übernahmerechts nur über Experteninterviews zugänglich sind, ist schwer zu sagen. Schwierigkeiten sind auch dahingehend zu überwinden, dass etwa das amerikanische Gesellschaftsrecht Sache der Einzelstaaten statt der Zentralregierung ist, oder dass Rechtsgrundlagen und "Rechtstatsachen" in der Praxis nicht immer kongruent sind, wie beispielsweise der japanische Fall zeigt.

 

In der vorliegenden Analyse wird auf bereits existierende Daten zurückgegriffen. Ein Index der Aktionärsrechte, bezogen auf das Jahr 1990, wurde von La Porta et al. (1998) vorgelegt. Für das Jahr 2000 haben Pagano und Volpin (2004) ein Update des La-Porta-et-al.-Index vorgelegt, so dass der Vergleich beider Indizes Aufschluss über Reformen während der neunziger Jahre erlaubt. Der Index bezieht sich auf die Rechte der Hauptversammlung gegenüber dem Management. Er hat sechs Stufen (von 0 bis 5) und liegt für alle 21 hier betrachteten Länder vor.

 

Der La-Porta-et-al.-Index ist allerdings mit einer Reihe von Problemen behaftet. Erstens bleiben die in das Ranking eingehenden Sachverhalte - zum Beispiel das Recht des Aktionärs auf Stimmabgabe per Brief - in ihrer Wichtigkeit hinter der Bedeutung von Übernahmerecht und "one share, one vote" zurück. Zweitens ist der Index so konstruiert, dass die angloamerikanischen Länder bereits im Bezugsjahr 1990 fast durchweg den Indexwert 5 erreichen. Aktionärsorientierte Reformen wie der amerikanische Sarbanes-Oxley-Act[3] werden durch den Vergleich beider Indexwerte deshalb nicht angezeigt. Drittens liegt die Vermutung nahe, dass Reformen mancher Länder gezielt auf den La-Porta-et-al.-Index abstellten. Die Leistungen der Gruppe um Rafael La Porta und Andrei Shleifer fanden in internationalen Expertenkreisen große Beachtung, stellte die Arbeitsgruppe doch erstmals für den internationalen Vergleich nutzbare Maßzahlen rund um Finanzmarkt- und Unternehmensorganisation bereit. Für den italienischen Fall darf angenommen werden, dass die Reformen der späten neunziger Jahre absichtlich so ausgerichtet wurden, dass sie zu einem hohen Wert auf der La-Porta-et-al.-Skala führten. Auf diese Weise stieg der italienische Indexwert zwischen 1990 und 2000 von 1 auf 5. Ob dies tatsächlich darauf hindeutet, dass das italienische System der Unternehmenskontrolle in besonderem Maß auf Kontrolle durch den Kapitalmarkt ausgerichtet ist, bleibt allerdings zweifelhaft. So deuten empirische Studien darauf hin, dass die Übervorteilung der Klein- durch Großaktionäre und Manager in Italien weiterhin ausgeprägter ist als anderswo (Dyck/Zingales 2002).

 

Als zweite Zielvariable werden Stand und Veränderung der Relation von Marktkapitalisierung aller inländisch gelisteten Unternehmen und Bruttoinlandsprodukt (BIP) verwendet. Diese Angaben liegen für die Jahre 1990 und 2002 sowie alle 21 betrachteten Länder vor. Die Marktkapitalisierung steigt sowohl mit der Anzahl der börsennotierten Unternehmen als auch mit der Bewertung der Aktien, die wiederum Rückschlüsse auf die operative Aktionärsorientierung der Unternehmenspolitik erlaubt. Der Vorteil dieser Maßzahl ist, dass sie im Gegensatz zum La-Porta-et-al.-Index auch Veränderungen in der angloamerikanischen Ländergruppe abbildet. Dem stehen allerdings wiederum Nachteile gegenüber. Erstens bleibt unklar, in welchem Umfang Veränderungen der Marktkapitalisierung aller gelisteten Unternehmen Rückschlüsse auf Reformen der Unternehmenskontrolle erlauben. Viele intervenierende Variablen liegen zwischen regulativen Reformen, die auf die Aktionärsorientierung der Unternehmenskontrolle zielen, und der Bewertung der Aktien am Kapitalmarkt. Zweitens werden Daten zu Aktienbewertungen, anders als der La-Porta-et-al.-Index der Aktionärsrechte, von spekulativen Blasen beziehungsweise Unterbewertungen verzerrt. Das ist so lange kein Problem, wie alle betrachteten Länder in gleichem Umfang von derartigen Trends auf den Kapitalmärkten betroffen sind. Diese Annahme kann aber nicht vollständig aufrechterhalten werden.[4] Insbesondere die Vertrauenskrise in die japanische Volkswirtschaft kann als regional begrenzte Unterbewertung interpretiert werden und schlägt sich in den Daten zur Marktkapitalisierung nieder.

 

Über die Zielvariablen, jeweils zu beiden Zeitpunkten sowie als relative Entwicklung zwischen den Stichjahren, informiert Tabelle 1. Die Positionierung der Länder auf der La-Porta-et-al.-Skala ist in den neunziger Jahren von durchschnittlich 3,00 auf 3,71 gestiegen. Die stärkste Steigerung wird für Italien angezeigt (siehe oben). In keinem vertretenen Land war, dem Index zufolge, der Grad an Anlegerorientierung des Aktienrechts rückläufig. Die mittlere Abweichung vom Mittelwert (Standardabweichung) ist zwischen 1990 und 2000 von 1,38 auf 1,03 leicht gesunken, was anzeigt, dass sich die Länder im betrachteten Zeitraum auf höheren Rangplätzen einander angenähert haben. Allerdings verdeutlicht der Vergleich der Flows erneut die Probleme, mit denen der La-Porta-et-al.-Index behaftet ist: Veränderungswerte von Null kommen sowohl für Länder wie die USA zustande, in denen zwar Reformen stattfanden, die Aktionärsrechte aber bereits 1990 als hoch eingestuft wurden, als auch für Länder wie die Schweiz und Dänemark, in denen vergleichsweise wenig reformiert wurde.

 

 

 

 

Die Daten zur Marktkapitalisierung vermitteln in mehrerlei Hinsicht andere Informationen. Auch aus diesen Daten läst sich ein Trend zu verstärkter Aktionärsorientierung ablesen. Die durchschnittliche Bewertung der börsennotierten Unternehmen hat sich zwischen 1990 und 2002 von 34,29 Prozent der nationalen BIPs auf 69,93 Prozent verdoppelt. Anders als beim La-Porta-et-al.-Index ergibt sich für diese Daten allerdings eine im Zeitverlauf wachsende mittlere Abweichung (23,40 im Vergleich zu 41,26), was gegen die Annahme zunehmender Konvergenz spricht. Auffallend hohe Steigerungsraten ergeben sich für die Schweiz, Finnland sowie für die meisten Länder aus der englischsprachigen Ländergruppe. Unterdurchschnittlich steigende Marktkapitalisierungen zeigen sich für eine Reihe kontinentaleuropäischer Länder, während der Marktwert der börsennotierten japanischen Unternehmen im betrachteten Zeitraum sogar sank (siehe oben).

 

 

 

 

Tabelle 2 informiert über Korrelationen zwischen den Zielvariablen.[5] Weil alle Länder, die im Jahr 1990 hohe Indexwerte auf der La-Porta-et-al.-Skala aufwiesen, noch im Jahr 2000 hoch rangierten, korrelieren beide Skalen positiv (r=.60, p=.004, n=21); weil nur die anfangs niedrig positionierten Länder aufholen konnten, sind Δ La-Porta-et-al. und La-Porta-et-al. 1990 stark negativ korreliert (r=-.68, p=.001, n=21). Auch die Marktkapitalisierungen beider Zeitpunkte korrelieren positiv (r=.58, p=.006, n=21). Anders als beim La-Porta-et-al.-Index zeigt sich zwischen Ausgangswert im Jahr 1990 und Steigerungsrate der Neunziger kein Zusammenhang (r=.02, p=.947, n=21). Sowohl Länder mit niedriger als auch mit hoher Marktkapitalisierung wiesen in den neunziger Jahren deutliche Steigerungsraten auf. Als stark positiv korreliert erweisen sich hier allerdings Steigerungsraten und Stocks im Jahr 2002 (r=.82, p=.000, n=21). Das liegt an dem enormen Ausmaß der Steigerungsraten zwischen 1990 und 2002 (etwa 100 Prozent), so dass die Steigerungsraten unmittelbar auf die Positionierungen im Jahr 2002 durchschlagen. Zwischen den La-Porta-et-al.-Variablen und den Variablen zur Marktkapitalisierung ergeben sich schwache, fast durchweg insignifikante Zusammenhänge. Das deutet darauf hin, dass sich Steigerungen des rechtlichen Aktionärsschutzes (als einer unter vielen anderen Faktoren, die auf den Grad aktionärsorientierter Unternehmensführung einwirken) nicht direkt in steigende Marktkapitalisierung übersetzen. Eine Zusammenfassung der abhängigen Variablen zu Indizes wäre also weder rechnerisch noch inhaltlich sinnvoll.

 

 

Potenziell erklärungskräftige Variablen

 

Die unabhängigen Variablen sortieren sich in sechs Untergruppen, von denen sich drei auf die im Kern interessierenden politisch-institutionellen Einflussgrößen beziehen, während die verbleibenden drei Gruppen Kontrollvariablen beinhalten.

 

 

Wirtschaftliche Spezialisierung

 

Die Vergleichende Politische Ökonomie hat aufgezeigt, dass sachliche Zusammenhänge zwischen der ökonomischen Spezialisierung von Ländern und den Institutionen ihrer Produktionsregime bestehen (Streeck 1991; Hall/Soskice 2001). Daraus kann die These abgeleitet werden, dass funktionaler Druck zur Steigerung der komparativen Vorteile auf den Produktmärkten eine Triebkraft institutionellen Wandels ist. Die Ausrichtung der Unternehmenskontrollsysteme an den Aktionärsinteressen sollte demnach unterdurchschnittlich ausgeprägt sein, wo komparative Vorteile im Bereich der diversifizierten Qualitätsproduktion erwirtschaftet werden. Starke Anteile von Gütern mit radikalen Innovationsmustern dürften hingegen überdurchschnittlichen Reformdruck auslösen.

 

Die Statistiken der Welthandelsorganisation erlauben Aufschluss über die Spezialisierung nationaler Volkswirtschaften auf den internationalen Märkten. Zwei Variablen werden genutzt, um die für koordinierte Ökonomien (im Sinne von Hall und Soskice) typischen komparativen Vorteile in der internationalen Arbeitsteilung zu erfassen, wobei die eine weiter, die andere enger gefasst ist. Die erste Variable erfasst den Anteil der Exporte der betrachteten Länder, der auf die Bereiche Maschinenbau und Transportmittel (nicht: Transportdienstleistungen) entfällt (Datenquelle: WTO 2001: IV.49). In diese Bereiche fallen der Maschinen-, Anlagen-, Kraftwerk-, Telekommunikationsequipment- und Automobilbau sowie weitere Güter aus dem Bereich der Transportmittel (Güter für Marine, Luftfahrt, Weltraumfahrt). Die zweite Variable bildet mit dem Automobilbau eine Teilmenge der ersten Variable ab (Datenquelle: WTO 2001: IV.65 und 2002: IV.54). Die Vermutung lautet, dass Volkswirtschaften, deren komparative Vorteile durch die genannten Variablen abgebildet werden, unterdurchschnittlichen funktionalen Druck für aktionärsorientierte Reformen generieren und solche Reformen deshalb vergleichsweise wenig weit reichend ausfallen.

 

Der "Varieties-of-Capitalism"-Theorie zufolge beruht Produktion in marktgesteuerten Ökonomien vor allem auf der Fähigkeit, flexibel in neue Produktionszweige vordringen zu können, dort schnell Innovation hervorzubringen, und Ressourcen (inkl. Humankapital) anschließend auch vergleichsweise problemlos wieder stilllegen beziehungsweise veräußern zu können. Für koordinierte Ökonomien sind hingegen der lange Verbleib in Produktnischen und lange Lebensdauern von Unternehmen typisch. Als Maß für den Grad, in dem das Gesellschaftsrecht den raschen Aufbau neuer Unternehmen (und damit flexible Bedienung neuer Produktnischen) ermöglicht, kann die durchschnittlich zur Unternehmensgründung notwendige Anzahl von Tagen herangezogen werden (Datenquelle: World Bank 2004: 262-264). Die Erwartung lautet, dass Druck zur Liberalisierung der Unternehmenskontrolle vor dem Hintergrund "flexiblen" Gesellschaftsrechts besonders hoch ist.

 

Aus der "Varieties-of-Capitalism"-Literatur lässt sich eine weitere Hypothese ableiten. Die von Hall und Soskice (2001) präsentierte Theorie läuft weniger auf eine grundsätzliche Ablehnung von Konvergenztheorien, als vielmehr auf die Erwartung einer Konvergenz auf zwei separate Modelle - "bifurcated convergence" (Soskice 1999: 123) - hinaus. Unter dem Druck der Internationalisierung sollte demnach die Fähigkeit der Investoren zunehmen, durch Streuung ihrer Aktivitäten "institutionelle Arbitrage" (Hall/Soskice 2001: 57) zu betreiben, was die distinkten Merkmale der unterschiedlichen Typen nicht einebnen, sondern sogar verstärken sollte. Demnach wären Bewegungen der Mischtypen in Richtung der koordinierten beziehungsweise marktbasierten Modelle zu erwarten. Im Licht der hier betrachteten Daten wäre die Erwartung sinkender Aktionärsrechte oder Marktkapitalisierungen börsennotierter Unternehmen abwegig. Es lässt sich aber die Hypothese formulieren, dass überdurchschnittlich starke Anstiege der Aktionärsorientierung des Aktienrechts vor allem bei den Mischtypen, weniger am unteren Ende der Skalen, zu finden sein sollten. Bei den Marktkapitalisierungen wären starke Anstiege in der Mitte und am oberen Rand der Skalen, weniger aber am unteren Rand, zu erwarten.

 

 

Struktureller Druck und Internationalisierung

 

Die zweite Gruppe unabhängiger Variablen bezieht sich auf strukturelle Merkmale. Fallstudien zu Reformen der Unternehmenskontrolle zeigen, dass vor allem zwei strukturelle Ursachen als Reformanstöße fungieren: demographischer Druck und Rentenreformen einerseits sowie Schulden und Privatisierungen andererseits. Darüber hinaus werden Variablen zu Internationalisierung und europäischer Integration dieser Gruppe zugeordnet.

 

Die Organisation der Rentensysteme zählt zu den wichtigsten Determinanten der Nachfrageseite des Aktienmarkts (Jackson/Vitols 2001). Je größer die kapitalgedeckte Säule der nationalen Rentensysteme, umso stärkere Verbreitung findet die Aktie als Anlagemittel und umso ausgeprägter ist die politische Notwendigkeit, Kleinanleger vor Übervorteilung zu schützen. Zudem treten Pensionsfonds als Lobbyisten aktionärsorientierter Reformen und Unternehmenspolitik auf. Seit den achtziger Jahren haben viele Länder ihre Rentensysteme durch kapitalgedeckte Säulen ergänzt (Schludi 2001). Daraus lässt sich die Vermutung ableiten, dass die Aktionärsorientierung besonders stark zugenommen hat, wo der demographische Druck hoch war und wo die Rentensysteme bedeutende kapitalgedeckte Bestandteile aufwiesen beziehungsweise wo solche Bestandteile neu eingeführt wurden. Als Maßzahl für den demographischen Druck wird der prozentuale Bevölkerungsanteil von Personen mit einem Mindestalter von 65 Jahren verwendet (Datenquelle: World Bank 2004: 38-40). Die Bedeutung kapitalgedeckter Altersvorsorge wird anhand der in privaten Rentenfonds angelegten Mittel in Relation zum BIP gemessen (Datenquelle: OECD 1998: V.1).[6]

 

Staatsverschuldung und Privatisierungen können ähnliche Effekte zugesprochen werden. Im Zuge der Privatisierungsprogramme der achtziger und neunziger Jahre wurden staatliche Infrastrukturunternehmen, insbesondere Post-, Bahn-, Energie- und Telekommunikationsunternehmen, in privatwirtschaftlich organisierte Aktiengesellschaften überführt. Das geschah häufig unter dem Druck hoher Staatsverschuldung, der insbesondere im Fall der Vorbereitung auf die Teilnahme an der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion gegengesteuert werden musste. Auch hier, ähnlich wie vor dem Hintergrund der Stärkung kapitalgedeckter privater Altersvorsorge, stieg das staatliche Interesse an der Bereitschaft der Sparer zur Anlage in Aktien, was Schutz der Kleinanleger voraussetzt. Daten über die Staatsverschuldung in Prozent des BIP liegen für das Ausgangsjahr 1990 vor (Datenquelle: OECD Economic Outlook). Für Daten aus Privatisierungserlösen wird auf die Zusammenstellung von Schneider (2003: 11) zurückgegriffen, wobei hier die Erlöse aus der breiten Streuung der Aktien ("public share offerings" - PSO) zwischen 1990 und 1999 interessieren. Bei hoher Staatsverschuldung und starker Privatisierungstätigkeit sind kapitalmarktorientierte Reformen zu erwarten.

 

Über die Wirkungen der Internationalisierung existieren unterschiedliche Mutmaßungen. Sie wird einerseits als Einfallstor der Liberalisierung und damit der Konvergenz auf die Nutzung marktbasierter Steuerungsmedien angesehen. Einer Gegenthese zufolge führt Internationalisierung zur Fokussierung auf komparative Vorteile und damit unter Umständen sogar zu einer Stabilisierung der Unterschiede zwischen den Spielarten des Kapitalismus (Hall/Soskice 2001, 2003; siehe oben). Zur Messung der Internationalisierung der Volkswirtschaften werden Durchschnitte aus den nationalen Export- und Importquoten (Exporte beziehungsweise Importe pro BIP, bezogen auf das Jahr 1990) errechnet. Darüber hinaus wird eine einfache Dummy-Variable zur EU-Mitgliedschaft, bezogen auf die Europäische Union der 15 Mitglieder, konstruiert (1=EU-Mitglied, 0=kein EU-Mitglied). Es ist zu erwarten, dass die Liberalisierungsinitiativen der Europäischen Kommission, vor allem in den Bereichen Übernahmerecht und Rechnungslegung, beschleunigend auf nationale Reformen der Unternehmenskontrolle wirken.

 

 

Kulturelle Einflüsse

 

Die Wirtschaftssoziologie hat gezeigt, dass wirtschaftliches Handeln sozialer Einbettung bedarf. Kulturelle Eigenarten setzen der Ausbreitung von Märkten Grenzen, wobei unterschiedlich weit reichende Grenzziehungen denkbar sind. Insbesondere Weber hat auf die Bedeutung der Religion bei der Entstehung des Kapitalismus hingewiesen. Als potenzielles Hemmnis der Ausbreitung von Märkten kann der Katholizismus angesehen werden. Die katholische Soziallehre steht marktlicher Koordination kritisch gegenüber und begünstigt stattdessen Austauschbeziehungen, die auf Reziprozität beruhen (allgemein zum Erklärungswert der Religion in der vergleichenden Policy-Forschung: Castles 1994). Dieses auf die Gütermärkte bezogene Argument kann auch auf die Unternehmenskontrolle übertragen werden. So äußerte der italienische Industrieminister Paolo Savona im Jahr 1994, als größter Bremser der Privatisierung staatlicher Unternehmen wirke die katholische Landeskultur (Cioffi/Höpner 2004: 21). Dyck und Zingales (2002: 37) zeigen, dass die "private benefits of control" - ein Maß für den Vorteil, den sich Großaktionäre gegenüber Minderheitsaktionären verschaffen - in katholischen Ländern höher ausfallen als in nicht katholischen. Die Bedeutung des Katholizismus wird anhand des prozentualen Anteils der katholischen Bevölkerung in den späten achtziger Jahren gemessen (Datenquelle: Fischer Weltalmanach 1990).[7]

 

In der sozialwissenschaftlichen Literatur zur Unternehmenskontrolle wurde auf die Bedeutung weiterer kultureller Variablen hingewiesen (z.B. Gorga 2003). Dyck und Zingales (2002: 34) weisen darauf hin, dass effiziente Kapitalmarktüberwachung eine informierte Öffentlichkeit voraussetzt, und zeigen einen robusten negativen Zusammenhang zwischen der Verbreitung von Tageszeitungen und "private benefits of control". In der Annahme, dass das Internet einen besonderen Stellenwert bei der Weitergabe aktienrelevanter Informationen hat, wird hier die Zahl der Internetnutzer pro 1.000 der Bevölkerung (Bezugsjahr: 2002; Datenquelle: World Bank 2004: 294-296) als Variable verwendet. Die Erwartungen lauten, dass Katholizismus kapitalmarktorientierte Reformen bremst, während die Verbreitung des Internet solche Reformen fördert.

 

 

Parteien

 

Alle weiteren hier verwendeten Variablen dienen der Analyse des Zusammenhangs von Unternehmenskontrolle und Politik. Zahlreiche Studien haben systematische Unterschiede in der Staatstätigkeit von Regierungen unterschiedlicher parteipolitischer Zugehörigkeit nachgewiesen (z.B. Hibbs 1977; Hibbs 1992; Schmidt 1982, 1996). Allerdings zählt Unternehmenskontrolle nicht zu den von der "partisan theory" (Hibbs 1992) untersuchten Politikfeldern. Unumstritten ist, dass der Parteiendifferenzhypothese auf dem Feld wohlfahrtsstaatlicher Eingriffe in den Markt Erklärungswert zukommt (z.B. Schmidt 1982; Wilensky 2002). Die Wettbewerbspolitik - als deren Teilgebiet die Unternehmenskontrolle angesehen werden kann[8] - steht aber quer zu den Konfliktlinien wohlfahrtsstaatlicher Politik. In letzterer fallen Interventionismus und Marktbegrenzung zusammen. Wettbewerbspolitik hingegen zielt auf Marktschaffung durch Intervention. Führt in der Sozialpolitik Deregulierung zu Marktschaffung, senkt staatlicher Rückzug aus der Wettbewerbspolitik die Wettbewerbsintensität. Auf Konfliktachsen wie "interventionism vs. free market", "labor vs. pro-market" usw. können unterschiedliche politische Positionen zur Unternehmenskontrolle deshalb nicht abgetragen werden. Sachliche Zusammenhänge zwischen beiden Politikfeldern sind nicht grundsätzlich auszuschließen, aus der "partisan theory" aber nicht deduzierbar. Die Fachdiskussion über den Einfluss politischer Parteien auf die Unternehmenskontrolle ist noch nicht weit entwickelt.

 

Roe (2003) bietet eine Erklärung für das überzufällig häufig gemeinsame Auftreten von Sozialdemokratie und "organisiertem" Kapital (bei Roe: konzentrierte Eigentümerstrukturen von Unternehmen), die im Prinzip ohne Annahmen über die wettbewerbspolitischen Präferenzen sozialdemokratischer Parteien auskommt. Er interpretiert starke Arbeiterbewegungen (als deren Teil er sozialdemokratische Parteien wertet), besonders unter der Bedingung unvollständigen Wettbewerbs, als potenzielle Abschöpfer von Renten, worauf die Kapitaleigentümer mit Konzentration und Organisation reagieren, um die entsprechenden Cashflows effektiv für sich selbst reklamieren zu können. Demnach entsprächen die kapitalseitigen Institutionen des organisierten Kapitalismus nicht unbedingt den Präferenzen von Sozialdemokratie und Gewerkschaften, sondern wären als durch sie hervorgerufene Gegenbewegungen zu interpretieren. Dieser Sicht zufolge bringt die Sozialdemokratie den organisierten Kapitalismus (was die Kapitalseite betrifft) nicht intentional hervor, sondern provoziert sein Entstehen durch ihre Betätigung auf Feldern wie den Arbeitsbeziehungen und der wohlfahrtsstaatlichen Politik. Über die "eigentlichen" Präferenzen linker Parteien in Fragen der Unternehmenskontrolle fällt Roe ein ambivalentes Urteil. So legt er beispielsweise dar, dass die Arbeitnehmerseite in Deutschland an einer Stärkung des Aufsichtsrats interessiert sei (Roe 2003: 71-82), kommt aber andererseits zu dem Gesamturteil: "Social democracies widen the natural gap between managers and distant shareholders, and impede firms from developing the tools that would close up the gap" (Roe 2000: 19).

 

Roes Theorie hat starke und schwache Seiten. Den kapitalseitigen organisierten Kapitalismus als Instrument zur Abwehr der organisierten Arbeiterschaft zu interpretieren, ist in mancher Hinsicht plausibel und hält auch historisch: So bezeichnete bereits Kleinwächter die Arbeitgerberverbände, die er als Sonderform von Kartellen interpretierte, als "Gegenstück zu den Gewerkvereinen der Arbeiter" (Kleinwächter 1883: 134). Allerdings kämpfen untereinander organisierte Unternehmen an vielen Fronten gleichzeitig. Als Beispiele seien nur die Außenwirtschaftspolitik und die Steuerpolitik genannt. Auch aus diesen Politikfeldern (die es auch gäbe, würde die Arbeiterbewegung nicht existieren) erwachsen Anreize zu kapitalseitiger Organisation. Vor allem aber liegt Roe mit der Beschreibung der "eigentlichen", historisch gewachsenen Präferenzen sozialdemokratischer Parteien nicht immer richtig (Höpner 2004b). Das liegt nicht zuletzt an seiner Modellierung von Konflikten im Unternehmen, in der Agency-Kosten stets von der Arbeitnehmerseite ausgehen und die für das gemeinsame Interesse von Eigentümern und Arbeitnehmervertretern an der Begrenzung managerieller Agency-Kosten blind ist. Roes entscheidende Leistung im Rahmen der hier geführten Diskussion liegt in seiner Interpretation des Zusammenhangs von Sozialdemokratie und organisiertem Kapitalismus, der zufolge kapitalseitige Organisierung - die mit begrenzter Macht der Minderheitsaktionäre einhergeht - eine "Nebenwirkung" der Macht der Arbeiterbewegung ist.

 

Diese "Nebenwirkung" könnte auch vorliegen, wären die "wahren" Präferenzen von Gewerkschaften und Sozialdemokratie auf die Begrenzung kapitalseitiger Organisation gerichtet. Nichtintendierte Nebenfolgen der Staatstätigkeit sind in der Politikwissenschaft nichts Unbekanntes. Der vorliegende Fall ist gleichwohl besonders gelagert, liegt hier doch eine Theorie vor, die nahe legt, dass Intention und Politikergebnis systematisch auseinander fallen. Aus eigenen Fallstudien zu Deutschland, Italien und Frankreich (Cioffi/Höpner 2004) kann die Erwartung abgeleitet werden, dass aktionärsorientierte Reformen in den neunziger Jahren besonders von Linksregierungen herbeigeführt wurden. Für die deutsche Arbeiterbewegung waren Wettbewerbspolitik und Mitbestimmung seit dem Zweiten Weltkrieg gleichermaßen Instrumente zur Zivilisierung des Kapitalismus (Höpner 2004b). Wie steht es um die Parteien rechts von der Sozialdemokratie? Mit christlichen Parteien, liberalen Parteien und konservativen Parteien finden sich dort Repräsentanten mehrerer Parteienfamilien, deren unterschiedliche Profile auch auf dem Gebiet wohlfahrtsstaatlicher Politik bekannt sind (z.B. Schmidt 2002: 170-173). So gingen die wettbewerbspolitischen Konfliktlinien in der deutschen Wirtschaftsgeschichte stets quer durch die CDU, wobei sich ein protestantisch-wettbewerbsliberaler Flügel (in der Frühgeschichte der Bundesrepublik: um Erhard) und ein konservativ/katholisch-marktkritischer Flügel (um Adenauer), letzterer durchgängig in der Mehrheitsposition, gegenüberstanden. Daraus lässt sich die Erwartung ableiten, dass marktschaffende Reformen von christlichen Parteien weniger zu erwarten sind als von konservativen und liberalen Parteien.

 

Zur Messung der relativen Stärke der Parteien in den betrachteten Ländern wird auf die Daten zur parteipolitischen Zusammensetzung der Regierungen im "Comparative Political Data Set 1960-2002" (zitiert als Armingeon et al. 2004) zurückgegriffen. Dabei werden drei Parteienfamilien unterschieden. Sozialdemokratische, sozialistische und kommunistische Parteien sowie grüne Gruppierungen werden als Linksparteien zusammengefasst. Die Parteien des bürgerlichen Lagers sind schwieriger abzugrenzen. Im "Comparative Political Data Set" werden zwei Parteienfamilien rechts von der Sozialdemokratie unterschieden, wobei die eine Gruppe christliche Parteien und Mitteparteien, die andere Gruppe konservative und liberale Parteien umfasst. Als christliche Parteien oder Mitteparteien werden dabei (unter anderem) alle kontinentaleuropäischen christlichen Parteien (deutsche CDU/CSU, österreichische ÖVP, italienische DC usw.), die französische UDF, die skandinavischen Zentrumsparteien sowie die amerikanischen und kanadischen Democrats beziehungsweise Liberals klassifiziert. In die Kategorie der konservativen und liberalen Parteien fallen die kleineren liberalen Parteien wie die deutsche FDP, Rechtsparteien wie die österreichische FPÖ, die italienische Lega Nord und die Alleanza Nationale, die japanischen Liberaldemokraten, die britischen Konservativen, die amerikanischen und kanadischen Republikaner beziehungsweise Konservativen und die französischen Gaullisten. Die durchschnittlichen Kabinettsanteile der drei unterschiedenen Parteienfamilien wurden für drei Zeiträume berechnet: 1960 bis 1989 (Griechenland ab 1974, Portugal ab 1976, Spanien ab 1977), 1990 bis 2000 und 1960 bis 2000.

 

 

Verhandlungsdemokratie

 

Verhandlungsdemokratische Institutionen regeln Aushandlungszwänge zwischen am Politikprozess beteiligten Gruppen und deren Macht zur Blockade getroffener Entscheidungen. Lijphart (1999) unterscheidet zwischen einer Dimension der Verhandlungsdemokratie, die auf die Berücksichtigung möglichst vieler Interessen in der Politikproduktion selbst zielt ("collective agency", "shared responsibility"), und einer weiteren, die institutionelle Barrieren gegen die zentralstaatliche Exekutive beschreibt. Darüber hinaus hat Lijphart vorgeschlagen, auch den Korporatismus als Teil der ersten Dimension, die auf die parteipolitische Konkordanz zielt, zu behandeln. Es ist offensichtlich, dass parteipolitische Aushandlung und Korporatismus in unterschiedlichen Arenen stattfinden. Aus diesem Grund ist die empirisch vergleichende Demokratieforschung Lijpharts Vorschlag nicht weiter gefolgt. In prozeduraler Hinsicht liegt Korporatismus und parteipolitischer Konkordanz aber eine gemeinsame Logik zugrunde, die sie von den institutionellen Barrieren gegen die Exekutive abgrenzt (Czada 2003: 185-186). Beide Institutionen durchbrechen die Mehrheitsregel bereits im Zuge der Formulierung von Gesetzen. Auch auf die gemeinsamen historischen Wurzeln beider Institutionen ist immer wieder hingewiesen worden (z.B. Lehmbruch 1992: 210-211; kritisch: Keman/Pennings 1995; Lane/Ersson 1997). Die Parallelen zwischen parteipolitischer und verbändebezogener Aushandlung sind auch im hier betrachteten Politikfeld augenscheinlich, machte es doch beispielsweise für Erhard in den fünfziger Jahren keinen großen Unterschied, ob er das von ihm gewünschte Kartellverbot im BDI oder in den konkurrierenden Flügeln seiner Partei sowie beim Koalitionspartner durchsetzen musste (eindrucksvoll: Hentschel 1996: 242-244). Wegen der großen strukturellen Unterschiede zwischen der Aushandlung zwischen Parteien und der mit Verbänden folge ich dennoch Armingeon (2002) und Czada (2003) in der konzeptionellen Separierung von Parteienkonkordanz und Korporatismus und der daraus folgenden Unterscheidung dreier unterschiedlicher Dimensionen der Verhandlungsdemokratie: parteipolitische Konkordanz, Korporatismus und institutionelle Schranken gegen die zentralstaatliche Exekutive (Vetopunkte).

 

Ganghof (2005) hat darüber hinaus auf grundsätzliche Unterschiede zwischen Lijpharts erster und zweiter Dimension der Verhandlungsdemokratie hingewiesen.[9] Sind die (verbliebenen vier, weil ohne Korporatismus) Einzelvariablen der ersten verhandlungsdemokratischen Dimension logisch miteinander verknüpft - das Wahlsystem beeinflusst das Parteiensystem, dies die Kabinettstypen, und dies die Regierungsdominanz beziehungsweise -stabilität -, handelt es sich bei Lijpharts Index der institutionellen Schranken gegen die Exekutive um einen additiv gebildeten Index, dessen Bestandteile - Föderalismus, Bikameralismus, konstitutionelle Rigidität, Verfassungsgerichtsbarkeit, Zentralbankunabhängigkeit - untereinander in keinem sachlogischen Zusammenhang stehen.

 

Welche Erwartungen ergeben sich für die Wirkungen der drei verhandlungsdemokratischen Dimensionen auf das Zustandekommen aktionärsorientierter Reformen? Zunächst zum Korporatismus. Ginge man davon aus, dass die organisierten Interessen beider Seiten grundsätzlich ohnehin für kapitalseitige Organisation anstelle des Markts eintreten, wäre zweifellos die Erwartung zu formulieren, Korporatismus wirke bremsend auf kapitalmarktorientierte Reformen. Wegen des widersprüchlichen Diskussionsstands zum Einfluss von Sozialdemokratie und Gewerkschaften erscheint der Sachverhalt allerdings ambivalenter. Meine Erwartung, dass Korporatismus bremsend auf den Aktionärseinfluss einwirkt, beruht auf zwei Annahmen: (1) Prinzipiell sind sowohl die Interessen von Kleinaktionären als auch von Großeigentümern und Unternehmensleitungen organisierbar. Allerdings sind Aktionärsverbände in allen Ländern schwächer entwickelt als Unternehmens- und Arbeitgeberverbände. Da letztere eher auf der Seite der Managements stehen, darf erwartet werden, dass der Einfluss der kapitalseitigen Verbände aktionärsorientierte Reformen eher bremst als fördert. (2) In Verhandlungsdemokratien ist der Einfluss von Kapital und Arbeit auf unterschiedliche Politikfelder ungleich verteilt. Gewerkschaftseinfluss ist in Regulierungsfeldern, die den Arbeitsminister ien zugeordnet sind, besonders groß. In Fragen der Wettbewerbspolitik ist der Gew erkschaftsei nfluss ungleich schwächer entwickelt; man vergleiche etwa Erhards Rücksichtnahme auf den BDI im Zuge der Aushandlung des Wettbewerbsgesetzes mit der untergeordneten Rolle, die dem DGB in der "siebenjährigen Kartellschlacht" zukam.[10] In diesem Sinne befördern Verhandlungsdemokratien nicht tripartistische Aushandlung unter gleichen Partnern, sondern sektoren- und politikfeldspezifischen Klientelismus. Daraus kann gefolgert werden, dass selbst unter der Annahme aktionärsfreundlicher gewerkschaftlicher Positionen Korporatismus in Richtung schwachen Aktionärsschutzes und gering entwickelter Kapitalmärkte führen sollte.

 

Für die parteipolitische Konkordanz gilt Ähnliches (zur Parallelität von Korporatismus und parteipolitischer Konkordanz siehe oben). Lijpharts erste Dimension der Verhandlungsdemokratie zielt auf Aushandlung unterschiedlicher Interessen in der Sphäre des Parteienwettbewerbs (abgegrenzt von der Sphäre des Wettbewerbs zwischen Interessengruppen), der sich aber mit denselben Vorhaben befasst und in dem sich grundsätzlich dieselben Interessen wiederfinden. So ist für wirtschaftspolitische Gesetzesvorhaben typisch, dass sie zwischen beiden Arenen hin- und hergeschoben werden (Trampusch). Das lässt sich für die deutsche Wettbewerbspolitik ebenso zeigen wie beispielsweise für das Gesetz zur Montanmitbestimmung (Thum 1982). Industrienahen Fachpolitikern kommt in Fragen der Wettbewerbspolitik ein größeres Gewicht zu als beispielsweise dem Arbeitnehmerflügel der CDU, während sich der Einfluss des letzteren auf Fragen der Sozialpolitik konzentriert. Die Erwartung lautet deshalb, dass parteipolitische Konkordanz als Einfallstor von Sonderinteressen gegenüber wettbewerbspolitischen Ambitionen wirkt und aktionärsorientierte Reformen deshalb tendenziell bremst.

 

Die letzte Dimension der Verhandlungsdemokratie, die Anzahl der Barrieren gegen die zentralstaatliche Exekutive, interessiert hier nur insofern, als dass sie in der Interaktion der verhandlungsdemokratischen Dimensionen bestärkend auf die parteipolitische Konkordanz wirken kann (Ganghof 2005). Eröffnen Vetopunkte wie Bikameralismus oder Referenden Oppositionsparteien die Chance zur Blockade, steigt der Anreiz, sie bereits während der Aushandlung von Gesetzesvorlagen einzubeziehen oder von vornherein größere als "minimal winning coalitions" zu bilden. Beispiele für Situationen, in denen sich der Bikameralismus als Hürde für die Wettbewerbspolitik erwies, finden sich auch in der deutschen Geschichte so auch hier etwa während der Aushandlung des Wettbewerbsgesetzes. Als Hypothese lässt sich deshalb formulieren, dass eine hohe Anzahl von Schranken gegen die zentralstaatliche Exekutive aktionärsorientierten Reformen entgegenwirken sollte.

 

Zur Messung der ersten verhandlungsdemokratischen Dimension wird ein modifizierter Lijphart-Index, bei dem der Korporatismus unberücksichtigt bleibt, verwendet. Die Indexbildung erfolgt durch z-Transformation der Einzelskalen zur Disproportionalität der Wahlsysteme, zur effektiven Anzahl der Parteien, zu den Kabinettstypen und zur Stabilität der Kabinette (bezogen auf den Zeitraum 1971-1996), Durchschnittsbildung und erneute z-Transformation. Als Korporatismus-Index dient die (auch von Lijphart verwendete) Siaroff-Skala. Die Anzahl konstitutioneller Vetopunkte wird von Schmidts (Schmidt 2002: 177-178) sechsstufigem Index der Schranken gegen die Mehrheitsherrschaft erfasst. Dieser Index ist aus sechs Dummy-Variablen zusammengesetzt, die sich auf den Föderalismus, den Schwierigkeitsgrad von Verfassungsänderungen, den Bikameralismus, die Zentralbankunabhängigkeit, den Stellenwert von Referenden und die Mitgliedschaft in der EU beziehen. Bezugszeitpunkt ist das Jahr 2000.

 

 

Arbeitsbeziehungen

 

Zwei Variablen werden zur Erfassung unterschiedlicher Spielarten der Arbeitsbeziehungen herangezogen: Gewerkschaftliche Organisationsquoten (als Proxy für die Gewerkschaftsstärke) und ein Index der Mitbestimmung auf Ebene der Leitungsorgane. Für beide Variablen gilt, was oben bereits für die Stärke der Sozialdemokratie dargelegt wurde: Es ist offensichtlich, dass die besonders aktionärsorientierten Systeme der Unternehmenskontrolle und die am stärksten entwickelten Kapitalmärkte in Ländern mit vergleichsweise schwachen Gewerkschaften und geringen Beteiligungsrechten auf Unternehmensebene entstanden sind. Eine offene Frage ist allerdings, ob dies ursächlich auf die Präferenzen starker Gewerkschaften und Mitbestimmungsträger zurückgeht, oder ob kapitalseitige Organisierung als Gegenbewegung zur Stärke der Arbeiterbewegung zu interpretieren ist.

 

In Cioffi/Höpner (2004) wurde die These entwickelt, dass arbeitnehmerseitige Präferenzen hinsichtlich Konflikten zwischen Minderheitsaktionären und Großanlegern sowie Managern nicht - im Unterschied zur Konfliktlinie zwischen Arbeit und Kapital, entlang deren Gewerkschaften ursächlich entstanden sind - nicht ex ante anhaften, sondern von vielen Randbedingungen abhängen. Arbeitnehmervertreter müssten Maßnahmen im Sinne der Anleger bekämpfen, würden folgende drei Bedingungen durchgängig gelten: (1) Abhängig Beschäftigte treten nicht als Anleger auf; (2) jeder Gewinn der einen Seite übersetzt sich direkt in einen Verlust der anderen Seite (Nullsummenspiel-Kriterium); (3) es gibt neben diesen beiden Gruppen keine relevanten weiteren Spieler. Je weiter sich die Länder von den genannten drei Kriterien entfernen, desto wahrscheinlicher ist das Zustandekommen von (impliziten) Koalitionen zwischen Arbeitnehmer- und Aktionärsvertretern. In den in Cioffi/Höpner (2004) betrachteten Ländern fanden sich zwei unterschiedliche Wege zu gewerkschaftlichem und sozialdemokratischem Engagement für Aktionärsrechte. Bei hohen Spareinlagen abhängig Beschäftigter in Aktien, vor allem im Rahmen der Altersvorsorge, entsteht arbeitnehmerseitiges Interesse an Aktionärsschutz. Wie der deutsche Fall zeigt, führt ein alternativer Weg über die Mitbestimmung auf Unternehmensebene. Aktionärsorientierte Reformen stärken die Aufsichtsorgane gegenüber den Leitungsorganen und damit im Endeffekt sowohl Aktionärsrechte als auch die Mitbestimmung gegenüber dem Management.[11] Nimmt (wie in den neunziger Jahren) der funktionale Druck zur Liberalisierung der Unternehmenskontrolle zu, wäre deshalb sogar denkbar, dass organisierte Arbeitsbeziehungen die Entwicklung von Kapitalmärkten und Aktionärsrechten beschleunigen, zumindest aber nicht bremsen.

 

Als Maß für die Gewerkschaftsstärke werden gewerkschaftliche Organisationsquoten, bezogen auf das Jahr 1991, herangezogen (berechnet aus den Daten bei Armingeon et al. 2004). Zur Messung der Mitbestimmung auf Ebene der Leitungsorgane von Unternehmen wird der in Höpner (2004a) entwickelte vierstufige Index zur Unternehmensmitbestimmung auf eine größere Anzahl von Ländern ausgeweitet.

 

 

Ergebnisse der Datenanalyse

 

In Tabelle 3 finden sich bivariate Zusammenhangsmaße für die Stocks der abhängigen Variablen (1990 und 2000 beziehungsweise 2002) und alle unabhängigen Variablen. Angegeben werden außerdem Signifikanzen (p-Werte) und Fallzahlen. Tabelle 4 zeigt entsprechende Ergebnisse für die Flows zwischen 1990 und 2000 beziehungsweise 2002. Weil Berechnungen zu den Flows nur unter statistischer Kontrolle für die Stocks im Ausgangsjahr sinnvoll erscheinen, wurden Regressionsterme unter Berücksichtigung der Stocks im Jahr 1990 und der jeweiligen unabhängigen Variablen berechnet.[12] Bei der Interpretation der Befunde sei in Erinnerung gerufen, dass alle betrachteten Länder in den neunziger Jahren tendenziell Stärkungen der Aktionärsrechte (im Schnitt um 0.72 Schritte auf der La-Porta-et-al.-Skala; siehe Tabelle 1) und Ausweitungen der Marktkapitalisierungen (im Schnitt um 35.64 Prozent der nationalen BIPs, mit Ausnahme Japans; siehe Tabelle 1) aufwiesen. Der Vergleich der Zeitpunkte beruht also nahezu ausschließlich auf der Unterschiedlichkeit der Steigerungsraten.

 

 

 

 

 

 

 

Zunächst allerdings zur These von der "Konvergenz auf zwei Modelle", die aus der Literatur über Spielarten des Kapitalismus abgeleitet wurde. Zur Diskussion dieser These genügen die in den Tabellen 1 und 2 wiedergegebenen Rohdaten und Statistiken. Führen die Veränderungen der neunziger Jahre dazu, dass sich zunehmend zwei Ländergruppen voneinander abgrenzen? Für die Entwicklung der Aktionärsrechte kann das nicht gesagt werden, zeigen die Daten doch eine abnehmende Varianz an. Die Länder, die sich noch 1990 am unteren Ende der La-Porta-et-al.-Skala befanden, haben sich in den neunziger Jahren schneller nach oben bewegt als die (zum Beispiel skandinavischen) Länder in der Mitte der Skala. Etwas anders stellt sich der Sachverhalt dar, wenn man die Entwicklung der Marktkapitalisierungen betrachtet. Hier haben die Varianzen der Stocks zugenommen, sich die Länder also tatsächlich voneinander entfernt. Allerdings ergibt sich keine signifikante Korrelation zwischen Stocks im Jahr 1990 und den Entwicklungen der Neunziger (siehe Tabelle 2). Ausweitungen der Marktkapitalisierungen haben also in Ländern mit ursprünglich schwach entwickelten Kapitalmärkten ebenso stattgefunden wie vor dem Hintergrund bereits vergleichsweise entwickelter Kapitalmärkte. Dieses Ergebnis deutet weniger auf "Konvergenz auf zwei Modelle", als vielmehr auf Entwicklungen, von denen grundsätzlich alle Länder, abhängig von weiter unten zu spezifizierenden (vor allem: politisch-institutionellen) Bedingungen, betroffen waren (Phasen des Kapitalismus).

 

Zur Gruppe der wirtschaftlichen, strukturellen und kulturellen Variablen. Es ergeben sich Zusammenhänge mittlerer Stärke zwischen der wirtschaftlichen Spezialisierung und der Entwicklung der Marktkapitalisierungen zwischen 1990 und 2002, die mit den Erwartungen des "Varieties-of-Capitalism"-Ansatzes vereinbar sind. Noch im Jahr 1990 wiesen Länder mit Spezialisierung in den Bereichen Maschinenbau/Transportmittel beziehungsweise Automobilbau überdurchschnittliche Marktkapitalisierungen auf (signifikant im Fall von Maschinenbau und Transportmitteln, insignifikant bei der Untergruppe des Automobilbaus; siehe Tabelle 3). In beiden Fällen haben sich die Vorzeichen unter den Bedingungen der Globalisierung gedreht, und beide Variablen erweisen sich als signifikante Prädiktoren der Entwicklung der Marktkapitalisierung (mit negativen Vorzeichen) zwischen 1990 und 2002 (siehe Tabelle 4). Die "Finanzialisierung" der Volkswirtschaften erfolgte also unterdurchschnittlich in Ländern mit komparativen Vorteilen in Produktpaletten, auf die ein Großteil der "diversifizierten Qualitätsproduktion" entfällt. Dieses Ergebnis zeigt, dass der funktionalen Spezialisierung von Produktionsregimen ein Erklärungswert bei der Entwicklung der Aktienmärkte in den vergangenen anderthalb Dekaden zuzukommen scheint.

 

Besonders auffällig sind die Ergebnisse zu Demographie und Altersvorsorge. Noch im Jahr 1990 bestand ein stark negativer Zusammenhang zwischen (Über-)Alterung und Aktionärsrechten: In Ländern mit hohen Bevölkerungsanteilen über 65 Jahre alter Menschen beruhten die Alterssicherungssysteme zum großen Teil auf Umlageverfahren, die keine besonders ausgebaute Aktienkultur voraussetzten. In den neunziger Jahren bemühten sich nahezu alle westlichen Industrienationen um Ausbau der kapitalgedeckten Säulen ihrer Rentensysteme (Schludi 2001). Gerade Länder mit überdurchschnittlichem demographischem Druck bauten in den neunziger Jahren ihren Aktionärsschutz aus, so dass aus dem ursprünglich starken negativen Zusammenhang zwischen demographischem Druck und Aktionärsschutz im Jahr 2000 eine Nullkorrelation wurde (Tabelle 3). Aus Tabelle 4 geht hervor, dass besonders Länder mit unterdurchschnittlich kapitalgedeckten Rentensystemen in den Neunzigern aktionärsorientierte Reformen durchführten. Die sehr starken Zusammenhänge zwischen den in privater Altersvorsorge angelegten Mitteln und der Marktkapitalisierung (Stocks zu beiden Zeitpunkten, siehe Tabelle 3) verdeutlichen, dass die Organisation der Rentensysteme eine wesentliche Determinante der Entwicklung nationaler Kapitalmärkte ist. Nicht nur für die Stocks, auch für die relative Entwicklung der Marktkapitalisierungen in den neunziger Jahren erweist sich die private Altersvorsorge als erklärungskräftiger Prädiktor (starker, hoch signifikanter Zusammenhang in Tabelle 4). Qualitative Studien zu Reformprozessen in einzelnen Ländern sollten deshalb den kausalen Zusammenhängen zwischen demographischem Druck, Rentenpolitik und Reformen der Unternehmenskontrolle besondere Beachtung schenken. Im Einklang mit den Erwartungen erweist sich außerdem die Staatsverschuldung als Treiber von Reformen, während für die Privatisierungserlöse entgegen den Erwartungen keine nennenswerten Zusammenhänge zustande kommen.

 

Die Variable zur Offenheit der Volkswirtschaften verhält sich entgegengesetzt der Erwartung, die realwirtschaftliche Internationalisierung ginge besonders stark mit einer Liberalisierung der Unternehmenskontrolle einher. Im Einklang mit Katzenstein (1985) erweisen sich vielmehr die Unternehmenskontrollsysteme der offenen, tendenziell kleineren Volkswirtschaften als organisiert (auf Kontrolle durch Großaktionäre und Unternehmensnetzwerke beruhend), während ausgebaute Aktionärsrechte zu beiden Zeitpunkten eher für die geschlosseneren, tendenziell größeren Volkswirtschaften typisch sind. Nicht überraschend ist, dass die EU-Länder im Jahr 1990 sowohl über unterdurchschnittlich entwickelte Kapitalmärkte als auch über schwach ausgebaute Aktionärsrechte verfügten. Im Lauf der neunziger Jahre haben sich diese Zusammenhänge abgeschwächt, im Saldo bleibt allerdings ein negatives Vorzeichen. Besonders ausgebaute Aktionärsrechte finden sich also auch weiterhin vor allem außerhalb der Europäischen Union. Veränderungen zeigen sich auch für die Katholizismus-Variable: Verfügten die katholischen Länder im Einklang mit den Erwartungen im Jahr 1990 noch über unterentwickelte Kapitalmärkte und tendenziell (im insignifikanten Bereich) schwachen Aktionärsschutz, ist der Zusammenhang zur Marktkapitalisierung für 2002 in den insignifikanten Bereich gewechselt, und für den La-Porta-et-al.-Index ergibt sich ein Vorzeichenwechsel. Auch Tabelle 4 weist nach, dass gerade die katholischen Länder mit ursprünglich besonders aktionärsabgewandten Systemen der Unternehmenskontrolle in den neunziger Jahren durch entsprechende Reformen aufgeholt haben. Hier macht sich vor allem der italienische Fall bemerkbar, bei dem sich auf der La-Porta-et-al.-Skala ein Anstieg um vier Stufen ergab.

 

Auch für die Gruppe der politisch-institutionellen Variablen zeigen sich interessante Ergebnisse. Noch im Jahr 1990 waren sowohl hohe Standards beim Schutz der Minderheitsaktionäre als auch entwickelte Kapitalmärkte vor allem für Länder mit starker Regierungsbeteiligung konservativer und liberaler Parteien typisch (siehe die starken Zusammenhänge in Tabelle 3). Bezogen auf die Gruppe der christlichen Parteien und Mitteparteien sowie bezogen auf die Linksparteien haben die Zusammenhangsmaße für 1990 negative Vorzeichen. Diese klare Trennung ist im Lauf des betrachteten Zeitraums erodiert. Aus Tabelle 4 geht hervor, dass sowohl Aktionärsrechte als auch Marktkapitalisierung in den von konservativen und liberalen Parteien regierten Ländern unterdurchschnittlich gestiegen sind. Für die Jahre 2000 beziehungsweise 2002 ergeben sich zwischen der Regierungsbildung durch christliche Parteien und Mitteparteien und den abhängigen Variablen Nullkorrelationen.

 

Die Ergebnisse für die Linksparteien widersprechen den aus Höpner (2003) und Cioffi/Höpner (2004) abgeleiteten Erwartungen. Das gilt weniger für die Stocks im Jahr 1990, als vielmehr für die unterdurchschnittliche Ausweitung der Aktionärsrechte in Ländern mit starker Regierungsbeteiligung sozialistischer oder sozialdemokratischer Parteien (siehe das entsprechende Vorzeichen in Tabelle 4), so dass für den Stand der Aktionärsrechte im Jahr 2000 ein signifikant negativer Zusammenhang angezeigt wird (Tabelle 3). Für die Entwicklung der Marktkapitalisierungen zwischen 1990 und 2002 zeigt sich hingegen ein insignifikant positives Vorzeichen bei den Flows, was darauf hindeutet, dass in sozialdemokratisch oder sozialistisch regierten Ländern Anzahl und Bewertung börsennotierter Unternehmen zumindest nicht unterdurchschnittlich gestiegen sind.

 

Der in den Tabellen 3 und 4 dargestellte negative Zusammenhang zwischen der Regierungsbeteiligung von Linksparteien und Entwicklung der Aktionärsrechte bedarf allerdings wegen eines methodischen Problems der Relativierung. So geht Italien, das Land mit dem stärksten Anstieg auf der La-Porta-et-al.-Skala, in die in Tabelle 4 dargestellten Regressionsterme als unterdurchschnittlich linksregiertes Land ein (Kabinettsanteile der Linksparteien: 34,3 Prozent). Gleichwohl gingen die italienischen "Draghi"-Reformen gänzlich auf das Konto der Linksregierung unter Massimo D’Alema, dem Vorsitzenden der KPI-Nachfolgepartei PDS. Mit Abstrichen kann Ähnliches für den französischen Fall gesagt werden. Für die Korrelationskoeffizienten in Tabelle 3 stellt sich dieses Problem noch stärker.[13] Dass also ein Land nur kurz von Linksregierungen beherrscht wurde, heißt nicht, dass unter Umständen nicht dennoch die entscheidenden Reformen Linksregierungen zugeschrieben werden müssen. Darüber hinaus sagen die dargestellten Regressionsterme nichts über die relativen Unterschiede in den Parteipositionen aus. In Deutschland hatte die SPD sowohl in der Opposition als auch in der Regierung weitergehende Vorstellungen von der Liberalisierung der Unternehmenskontrolle als die CDU (Höpner 2003).

 

Darüber hinaus verdient das nordische Ländercluster besonderer Erwähnung. Diese Länder gehen als Länder mit unterdurchschnittlichen Reformen in die Korrelations- und Regressionsrechnungen ein. Noch im Jahr 1990 wiesen die nordischen Länder durchschnittlich ausgeprägte Aktionärsrechte auf (für die Positionierungen auf der La-Porta-et-al.-Skala siehe Tabelle 1) und positionierten sich damit zwischen den angloamerikanischen und den kontinentaleuropäischen Ländern. Für Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden zeigen die Bewegungen auf der La-Porta-et-al.-Skala während der neunziger Jahre keine durchgreifenden Reformen an. Diese ausbleibenden Flows führen zu unterdurchschnittlichen Stocks im Jahr 2000. Die Marktkapitalisierungen entwickelten sich in den dänischen und norwegischen Fällen unterdurchschnittlich, im schwedischen Fall durchschnittlich, im finnischen Fall aber stark überdurchschnittlich (plus 89,1 Prozentpunkte, siehe Tabelle 1), wobei bei letzterem besonders der außergewöhnliche Erfolg des Nokia-Konzerns durchgeschlagen haben dürfte.

 

Hinsichtlich parteipolitischer Konkordanz (Lijpharts erster verhandlungsdemokratischer Dimension) und Korporatismus stehen die Ergebnisse im Einklang mit den Erwartungen. Ein starker negativer Zusammenhang zwischen parteipolitischer Konkordanz und Aktionärsrechten zeigt sich für die Stocks der Jahre 1990 und 2000, ohne dass sich die Unterschiede zwischen pluralistischen und verhandlungsdemokratischen Systemen in den Neunzigern durchschlagend verändert hätten (Tabelle 3). Bemerkenswerter sind die Ergebnisse zum Interessengruppenpluralismus, haben sich hier die Zusammenhänge in den neunziger Jahren doch sogar verstärkt. Sowohl im Ausgangsjahr 1990 (Tabelle 3) als auch bei den Flows (Tabelle 4) erweist sich der Interessengruppenpluralismus als erklärungskräftiger Prädiktor der Aktionärsrechte, was im Ergebnis zu einem beachtlich starken Zusammenhang für das Jahr 2000 führt (Tabelle 3). Für die Marktkapitalisierungen ergeben sich auch hier durchgängig Nullkorrelationen.

 

Zwar entspricht dieser Befund den Erwartungen. Unter Berücksichtigung der anderen Ergebnisse der Datenanalyse ist allerdings fraglich, ob die eingangs postulierte Interpretation des Zusammenspiels von Korporatismus und Aktionärsrechten aufrechterhalten werden kann. Dort wurde argumentiert, dass die aktionärsorientierte Reformen bremsende Wirkung in korporatistischen und verhandlungsdemokratischen Systemen vor allem der Arbeitgeberseite (und, in der Sphäre des Parteienwettbewerbs, den ihnen nahe stehenden politischen Kräften) zugeschrieben werden kann. Die Ergebnisse zur Unternehmensmitbestimmung und zur gewerkschaftlichen Organisationsquote (Tabellen 3 und 4) legen allerdings nahe, dass organisierte Interessen allgemein - auch auf Arbeitnehmerseite - aktionärsorientierten Reformen entgegenwirken. Überdurchschnittliche Aktionärsrechte in mitbestimmungsfreien, gewerkschaftlich schwach organisierten Ländern wären für das Ausgangsjahr 1990 nicht weiter überraschend gewesen. Signifikante Ergebnisse zeigen sich aber für das Jahr 2000. Auch die Vorzeichen in Tabelle 4 deuten darauf hin, dass Liberalisierung der Unternehmenskontrolle in den neunziger Jahren vor allem in schwach gewerkschaftlich organisierten Ländern ohne Mitbestimmung auf Unternehmensebene, also in Ländern mit vergleichsweise liberalen Arbeitsbeziehungen, stattfand. Was die gewerkschaftlichen Organisationsquoten betrifft, zeigt sich auch für die Flows ein signifikant von Null verschiedenes Ergebnis (Tabelle 3). Hinter diesen Befunden verbirgt sich wiederum vor allem, dass für die gewerkschaftlich stark organisierten, mitbestimmten nordischen Länder in den neunziger Jahren keine starken aktionärsorientierten Reformen angezeigt werden, während etwa die italienischen Reformen vor dem Hintergrund mitbestimmungsfreier, unterdurchschnittlich gewerkschaftlich organisierter Unternehmen stattfanden. Qualitative Vergleiche wären vonnöten, um die Kausalitäten hinter diesen statistischen Ergebnissen aufzudecken. Zu untersuchen wäre, ob (1) sich hinter den Korrelationen überhaupt Sachzusammenhänge verbergen, und (2) wäre festzustellen, ob Gewerkschaften und Mitbestimmung aktionärsorientierte Reformen tatsächlich bremsen - oder ob womöglich Managements und/oder Aktionäre derartigen Reformen (mehr) Widerstand entgegenbringen, wenn die Aufsichtsorgane der Unternehmen mit Arbeitnehmervertretern besetzt sind, die ihrerseits von Stärkungen der Aufsichtsorgane gegenüber den Managements profitieren würden.

 

 

Fazit: Implikationen für zukünftige Forschung

 

1. Die Ergebnisse der explorativen Vorstudie zeigen, dass statistische Analysen dieser Art vor allem in Zusammenhang mit qualitativen Analysen sinnvoll sind. So kombiniert, gewinnen sie ihren Wert besonders im Hinblick auf die gezielte Auswahl von Fällen und zu untersuchenden Sachverhalten. Die hier gefundenen Ergebnisse legen Studien zu folgenden Teilbereichen nahe: (1) Ein Ländervergleich mit kleiner Fallzahl könnte den Zusammenhang von demographischem Druck, Rentenreformen und Corporate Governance behandeln. Weil hierzu auch der von Pensionsfonds ausgeübte Aktionärsaktivismus gehört, würde es sich dabei um ein reichhaltiges Gebiet handeln. Dabei wäre neben den strukturellen Variablen auch die Entwicklung der funktionalen Spezialisierung der Produktionsregime auf komparative Vorteile zu beachten; so erwies sich die Spezialisierung der Volkswirtschaften neben der privaten Altersvorsorge in der vorliegenden Analyse als wichtigste Determinante der Entwicklung der Marktkapitalisierungen. (2) Besonders wünschenswert wäre eine historisch orientierte Analyse zu den politikwissenschaftlichen Aspekten der Unternehmenskontrolle in den skandinavischen Ländern. Bisher liegt nichts Derartiges vor. Hier wäre vor allem auf den Parteienwettbewerb zu achten. (3) Schließlich wäre eine Studie zur strategischen Bedeutung von Gewerkschaften und Mitbestimmung für Reformen der Unternehmenskontrolle wünschenswert.

 

2. Demgegenüber sollte die Parteiendifferenzhypothese mit weiter entwickelten quantitativen Methoden untersucht werden. Hierzu wären alle entscheidenden Reformen der neunziger Jahre zu erfassen und den entsprechenden Regierungen zuzuordnen. Ergänzend dazu würden sich beispielsweise Analysen von Parlamentsdebatten für ausgewählte Länder anbieten.

 

3. Bei der weiteren Analyse von Parteieneffekten wäre auch die Klassifizierung der Parteienfamilien zu überdenken. Einerseits könnte in der Gruppe der Linksregierungen weiter differenziert werden. Vor allem aber bereiten die Abgrenzungen im bürgerlichen Lager Probleme. So landen bei Anwendung der in Armingeon et al. (2004) gewählten Klassifizierung die deutsche CDU/CSU und die amerikanischen Demokraten in derselben Kategorie. Im Comparative Welfare States Data Set (Huber et al. 2004) werden sechs Parteienfamilien im bürgerlichen Lager - säkulare, christliche, katholische Mitteparteien sowie ebensolche Rechtsparteien - unterschieden.

 

4. Die Anwendung multivariater Methoden wäre wünschenswert, wirft allerdings das Problem fehlender Freiheitsgrade auf. Zudem wäre, quantitativ und qualitativ, auf Interaktionseffekte zwischen den erklärenden Variablen zu achten. So wäre beispielsweise zu vermuten, dass hohe Staatsverschuldung vor allem unter der Bedingung der EU-Mitgliedschaft zu Reformdruck führt, dass die Parteiendifferenzhypothese vor allem in Mehrheitsdemokratien greift, oder dass Vetopunkte besonders wirksam werden, wenn beispielsweise Rechtsregierungen und starke Gewerkschaften aufeinander treffen.

 

5. Die Datenlage bei den abhängigen Variablen ist unbefriedigend. Vor allem mit Bezug auf das "One-Share-one-Vote"-Prinzip und das Übernahmerecht wären die Regelungen in den jeweiligen Ländern zu erheben, zu klassifizieren und deren Entwicklung in den neunziger Jahren nachzuzeichnen (siehe oben). Dazu scheint bisher kaum Vorarbeit zu existieren. Umso verdienstvoller wäre die Konstruktion solcher Variablen für die Vergleichende Politische Ökonomie. Allerdings befinden sich Reformen der Unternehmenskontrolle in den westlichen Industrieländern derzeit noch im Fluss; ein Ende der Reformphase ist noch nicht abzusehen. Für die Forschung bedeut dies, dass die konstruierten Skalen rasch veralten würden.

 

6. Quantitativ ländervergleichende Studien analysieren Varianzen, um nach über Länder (bei Pool Regressions: über Raum und Zeit) hinweg konstanten Regressionskoeffizienten zu suchen. Nimmt man allerdings die Grundgedanken des "Spielarten-des-Kapitalismus"-Ansatzes ernst, ist die Suche nach konstanten Koeffizienten grundsätzlich in Zweifel zu ziehen. Demnach hätte die Liberalisierung der Unternehmenskontrolle für Länder wie die USA andere Implikationen als beispielsweise für Deutschland. Trifft das zu, kann gefolgert werden, dass auch die politischen Ursachen und institutionellen Bestimmungsgründe in unterschiedlichen Ländern verschieden sein sollten.[14] Auf die einfachste aller möglichen Unterscheidungen heruntergebrochen, würde diese Überlegung dazu anleiten, die Reformen in den kontinentaleuropäischen Ländern separat von den Vorgängen im angloamerikanischen Ländercluster zu betrachten. Eine stärker differenzierende Ad-hoc-Einteilung wäre die Unterscheidung zwischen den liberalen, mitteleuropäischen, südeuropäischen und nordischen Ökonomien; der asiatische Kapitalismus wäre mit nur einem Land, Japan, vertreten.

 

7. Darüber hinaus wäre die Einbeziehung osteuropäischer Staaten, besonders der EU-Beitrittsländer im Jahr 2004, wünschenswert. Dies erscheint aber nur in einer separaten Teilstudie sinnvoll, wurden kapitalistische Spielarten der Unternehmenskontrolle in den neunziger Jahren doch in diesen Ländern nicht reformiert, sondern erstmals eingeführt.

 

 

 

Definitionen und Quellen der Variablen
(die Sortierung folgt der Reihenfolge im Text)

 

Der Datensatz wird vom Autor auf Anfrage weitergeleitet.

 

La-Porta-et-al.-Index 1990: Index der Aktionärsrechte gegenüber dem Management. Sechsstufiger Index; 0=geringe Aktionärsrechte, 5=starke Aktionärsrechte. Spannweite: 0 (Belgien) bis 5 (Großbritannien, Kanada, USA). Mittelwert: 3,00. N=21. Datenquelle: La Porta et al. (1997: 43).

 

La-Porta-et-al.-Index 2000: Update des La-Porta-et-al.-Index für das Jahr 2000. Sechsstufiger Index; 0=geringe Aktionärsrechte, 5=starke Aktionärsrechte. Spannweite: 2 (Dänemark, Niederlande, Schweiz) bis 5 (Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, USA). Mittelwert: 3,71. N=21. Datenquelle: Pagano/Volpin (2003: 41).

 

Δ La-Porta-et-al.-Index: Differenz aus dem La-Porta-et-al.-Index für das Jahr 2000 und dem für das Jahr 1990. Spannweite: 0 (Australien, Dänemark, Finnland, Großbritannien, Irland, Kanada, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz, Spanien, USA) bis 4 (Italien). Mittelwert: 0,71. N=21. Eigene Berechnung.

 

Marktkapitalisierung 1990: Quotient aus dem Börsenwert aller gelisteten Unternehmen und dem jahresbezogenen Bruttoinlandsprodukt (BIP). Bezugsjahr: 1990. Spannweite: 7,1 (Österreich) bis 53,2 (USA). Mittelwert: 34,29. N=21. Datenquelle: World Bank (2004: 266-268).

 

Marktkapitalisierung 2002: Quotient aus dem Börsenwert aller gelisteten Unternehmen und dem jahresbezogenen Bruttoinlandsprodukt (BIP). Bezugsjahr: 2002. Spannweite: 15,5 (Österreich) bis 207,1 (Schweiz). Mittelwert: 69,93. N=21. Datenquelle: World Bank (2004: 266-268).

 

Δ Marktkapitalisierung: Differenz aus der Marktkapitalisierung für 2002 und für 1990. Spannweite: -42,4 (Japan) bis 137,1 (Schweiz). Mittelwert: 35,64. N=21. Eigene Berechnung.

 

Maschinenbau und Transportmittel: Prozentualer Anteil am Export, der auf den Sektor Maschinenbau und Transportmittel entfällt (gesamte SITC-Sektion 7). Bezugsjahr: 1990. Spannweite: 8,0 (Australien) bis 70,6 (Japan). Mittelwert: 35,26. N=18. Datenquelle: World Trade Organization (2001: IV.49).

 

Automobilbau: Prozentualer Anteil am Export, der auf den Bereich Automobilbau entfällt (Teilmenge der SITC-Sektion 7: SITC-Gruppen 781-784 sowie Teilgruppen 7132 und 7783). Bezugsjahr: 1990. Spannweite: 0,9 (Norwegen, Schweiz) bis 22,3 (Kanada). Mittelwert: 10,15. N=17. Datenquelle: World Trade Organization (2001: IV.65 und 2002: IV.54).

 

Tage Unternehmensgründung: Anzahl der Tage, die mindestens nötig sind, um ein Unternehmen behördlich anzumelden. Bezugsjahr: 2003. Spannweite: 2 (Australien) bis 115 (Spanien). Mittelwert: 29,90. N=21. Datenquelle: World Bank (2004: 262-264).

 

Demographie (65+): Anzahl der mindestens 65 Jahre alten Menschen in Prozent der Gesamtbevölkerung. Bezugsjahr: 2002. Spannweite: 11,2 (Irland) bis 18,4 (Griechenland). Mittelwert: 15,31. N=21. Datenquelle: World Bank (2004: 38-40).

 

Private Altersvorsorge: In der privaten Altersvorsorge angelegte Mittel in Prozent des BIP. Bezugsjahr: 1996. Spannweite: 1 (Österreich) bis 117 (Schweiz). Mittelwert: 32,50. N=20. Datenquelle: OECD (1998: V.1).

 

Staatsverschuldung: Öffentliche Verschuldung in Prozent des BIP. Bezugsjahr: 1990. Spannweite: 14,3 (Finnland) bis 124,9 (Belgien). Mittelwert: 60,22. N=19. Datenquelle: OECD Economic Outlook.

 

Privatisierungserlöse: Erlöse aus der Privatisierung staatlicher Unternehmen durch "public share offerings" zwischen 1990 und 1999 (Datenquelle: Schneider 2003: 11), bezogen auf das nationale GDP im Jahr 1995 (Datenquelle: OECD Main Economic Indicators). Spannweite: 0,02 (USA) bis 26,62 (Griechenland). Mittelwert: 5,31. N=17. Eigene Berechnung.

 

Offenheit der Volkswirtschaft: Mittelwerte aus den Export- und Importquoten (Wert der Exporte beziehungsweise Importe von Produkten und Dienstleistungen), bezogen auf das Jahr 1990 (Datenquelle: World Bank 2004: 214-216). Spannweite: 9,5 (Japan) bis 54,5 (Irland). Mittelwert: 30,17. N=21. Eigene Berechnung.

 

EU-Mitgliedschaft: Dummy-Variable zur Mitgliedschaft in der EU mit 15 Mitgliedern. 1=EU-Mitglied, 0=kein EU-Mitglied. Mittelwert: 0,67. N=21.

 

Katholizismus: Prozentualer Anteil der katholischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung in den späten achtziger Jahren. Spannweite: 0,43 (Norwegen) bis 99,32 (Spanien). Mittelwert: 42,29. N=21. Eigene Berechnung anhand der Daten aus dem Fischer Weltalmanach 1990.

 

Internetnutzer: Internetnutzer pro 1.000 der Bevölkerung. Bezugsjahr: 2002. Spannweite: 155 (Griechenland) bis 573 (Schweden). Mittelwert: 402,29. N=21. Datenquelle: World Bank (2004: 294-296).

 

Konservative und liberale Parteien 1960-1989: Durchschnittliche prozentuale Kabinettsanteile konservativer und liberaler Parteien zwischen 1960 und 1999 (Griechenland ab 1974; Portugal ab 1976; Spanien ab 1977). Spannweite: 0 (Spanien) bis 100 (Japan). Mittelwert: 39,56. N=21. Datenquelle: Berechnet aus den Rohdaten des Comparative Political Data Set 1960-2002 (zitiert als Armingeon et al. 2004).

 

Christliche Parteien und Mitteparteien 1960-1989: Durchschnittliche prozentuale Kabinettsanteile christlicher Parteien und Mitteparteien zwischen 1960 und 1999 (Griechenland ab 1974; Portugal ab 1976; Spanien ab 1977). Spannweite: 0 (Australien, Griechenland, Großbritannien, Japan, Neuseeland, Portugal) bis 74,83 (Italien). Mittelwert: 25,32. N=21. Datenquelle: Berechnet aus den Rohdaten des Comparative Political Data Set 1960-2002 (zitiert als Armingeon et al. 2004).

 

Linksparteien 1960-1989: Durchschnittliche prozentuale Kabinettsanteile sozialdemokratischer, sozialistischer, kommunistischer und grüner Parteien zwischen 1960 und 1999 (Griechenland ab 1974; Portugal ab 1976; Spanien ab 1977). Spannweite: 0 (Japan, Kanada, USA) bis 78,9 (Schweden). Mittelwert: 31,72. N=21. Datenquelle: Berechnet aus den Rohdaten des Comparative Political Data Set 1960-2002 (zitiert als Armingeon et al. 2004).

 

Konservative und liberale Parteien 1990-2000: Durchschnittliche prozentuale Kabinettsanteile konservativer und liberaler Parteien zwischen 1990 und 2000. Spannweite: 0 (Spanien) bis 84,75 (Japan). Mittelwert: 34,70. N=21. Datenquelle: Berechnet aus den Rohdaten des Comparative Political Data Set 1960-2002 (zitiert als Armingeon et al. 2004).

 

Christliche Parteien und Mitteparteien 1990-2000: Durchschnittliche prozentuale Kabinettsanteile christlicher Parteien und Mitteparteien zwischen 1990 und 2000. Spannweite: 0 (Australien, Griechenland, Großbritannien, Neuseeland, Portugal) bis 70,26 (USA). Mittelwert: 24,30. N=21. Datenquelle: Berechnet aus den Rohdaten des Comparative Political Data Set 1960-2002 (zitiert als Armingeon et al. 2004).

 

Linksparteien 1990-2000: Durchschnittliche prozentuale Kabinettsanteile sozialdemokratischer, sozialistischer, kommunistischer und grüner Parteien zwischen 1990 und 2000. Spannweite: 0 (Kanada, USA) bis 72,65 (Schweden). Mittelwert: 37,55. N=21. Datenquelle: Berechnet aus den Rohdaten des Comparative Political Data Set 1960-2002 (zitiert als Armingeon et al. 2004).

 

Konservative und liberale Parteien 1960-2000: Durchschnittliche prozentuale Kabinettsanteile konservativer und liberaler Parteien zwischen 1960 und 2000 (Griechenland ab 1974; Portugal ab 1976; Spanien ab 1977). Spannweite: 0 (Spanien) bis 95,91 (Japan). Mittelwert: 38,10. N=21. Datenquelle: Berechnet aus den Rohdaten des Comparative Political Data Set 1960-2002 (zitiert als Armingeon et al. 2004).

 

Christliche Parteien und Mitteparteien 1960-2000: Durchschnittliche prozentuale Kabinettsanteile christlicher Parteien und Mitteparteien zwischen 1960 und 2000 (Griechenland ab 1974; Portugal ab 1976; Spanien ab 1977). Spannweite: 0 (Australien, Griechenland, Großbritannien, Neuseeland, Portugal) bis 67,85 (USA). Mittelwert: 25,05. N=21. Datenquelle: Berechnet aus den Rohdaten des Comparative Political Data Set 1960-2002 (zitiert als Armingeon et al. 2004).

 

Linksparteien 1960-2000: Durchschnittliche prozentuale Kabinettsanteile sozialdemokratischer, sozialistischer, kommunistischer und grüner Parteien zwischen 1960 und 2000 (Griechenland ab 1974; Portugal ab 1976; Spanien ab 1977). Spannweite: 0 (Kanada, USA) bis 77,20 (Schweden). Mittelwert: 33,51. N=21. Datenquelle: Berechnet aus den Rohdaten des Comparative Political Data Set 1960-2002 (zitiert als Armingeon et al. 2004).

 

Parteipolitische Konkordanz: Lijpharts Index der ersten verhandlungsdemokratischen Dimension ohne Berücksichtigung des Korporatismus. Berechnet durch z-Transformation der vier Einzelskalen zur effektiven Anzahl der Parteien, zur Kabinettsstruktur (Häufigkeit von kleinstmöglichen Einparteienkabinetten), zur Stabilität der Exekutive und zur Disproportionalität des Wahlsystems, Durchschnittsbildung und erneute z-Transformation. Bezugszeitraum: 1971-1996. Spannweite: -1,61 (Großbritannien) bis 1,56 (Schweiz). Mittelwert: 0. N=20. N=20. Datenquelle: Berechnet aus den Daten bei Lijphart (1999: 312-314).

 

Interessengruppenpluralismus: Index nach Siaroff. Bezugszeitraum: 1971-1996. Spannweite: 0,5 (Norwegen, Schweden) bis 3,5 (Großbritannien, Kanada). Mittelwert: 2,04. N=20. Datenquelle: Lijphart (1999: 312-314).

 

Institutionelle Schranken gegen die zentralstaatliche Exekutive: Additiver, sechsstufiger Index nach Schmidt (2002). Zusammengesetzt aus sechs Dummy-Variablen zur EU-Mitgliedschaft, zum Föderalismus, zum Schwierigkeitsgrad von Verfassungsänderungen, zum Bikameralismus, zur Zentralbankautonomie und zur Häufigkeit von Referenden. Bezugsjahr: 2000. Spannweite: 1 (Finnland, Frankreich, Griechenland, Neuseeland, Norwegen, Portugal, Schweden) bis 5 (Deutschland, Schweiz, USA). Mittelwert: 2. N=21. Datenquelle: Schmidt (2002: 177-178).

 

Unternehmensmitbestimmung: Vierstufiger Index der Arbeitnehmermitbestimmung auf Ebene der Leitungsorgane (Aufsichtsräte und monistische Boards) in Aktiengesellschaften der Privatwirtschaft. 1=keine Mitbestimmung auf Unternehmensebene; 2=Sitze ohne Stimmrecht; 3=Beteiligungsformen bis einschließlich Drittelbeteiligung; 4=mehr als Drittelbeteiligung. Bezugsjahr: 2004. Spannweite: 1 (Australien, Belgien, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Japan, Kanada, Neuseeland, Portugal, Schweiz, Spanien, USA) bis 4 (Deutschland). Mittelwert: 1,76. N=21. Datenquelle: Höpner (2004a: 40) für die EU-Länder; alle Länder außerhalb der Europäischen Union erhalten den Indexwert 1

 

Gewerkschaftliche Organisationsquote: Nettomitgliedschaft (ohne Rentner) in Prozent der Civilian Labor Force. Bezugsjahr: 1991. Spannweite: 7,78 (Frankreich) bis 76,20 (Schweden). Mittelwert: 35,85. N=18. Datenquelle: Berechnet aus den Daten in Armingeon et al. (2004).

 

 

 

Literatur

 

Armingeon, Klaus, 2002: Interest Intermediation: The Cases of Consociational Democracy and Corporatism. In: Hans Keman (Hrsg.), Comparative Democratic Politics. A Guide to Contemporary Theory and Research. London: Sage, 143-165.

Armingeon, Klaus, et al., 2004: Comparative Political Dataset 1960-2002. Bern: University of Bern.

Castles, Francis G., 1994: On Religion and Public Policy: Does Catholicism Make a Difference? In: European Journal of Political Research 25, 19-40.

Cioffi, John W./Martin Höpner, 2004: The Political Paradox of Finance Capitalism. Interests, Preferences, and Center-Left Party Party Politics in Corporate Governance Reform. Paper presented at the 100th Annual APSA meeting, September 2-5, 2004, Chicago.

Czada, Roland, 2003: Der Begriff der Verhandlungsdemokratie und die vergleichende Policy-Forschung. In: Renate Mayntz/Wolfgang Streeck (Hrsg.), Die Reformierbarkeit der Demokratie. Innovationen und Blockaden. Frankfurt a.M.: Campus, 173-203.

Dyck, Alexander/Luigi Zingales, 2002: Private Benefits of Control: An International Comparison. Unpublished Manuscript. Harvard Business School: Cambridge, MA.

Ganghof, Steffen, 2005: Normative Modelle, institutionelle Typen und beobachtbare Verhaltensmuster: Ein Vorschlag zum Vergleich parlamentarischer Demokratien. In: Politische Vierteljahresschrift 46, 406-431.

Gorga, Érica Christina Rocha, 2003: Does Culture Matter for Corporate Governance? A Case Study of Brazil, Stanford Law and Economics Olin Working Paper 257. Stanford University: Stanford Law School.

Hall, Peter A./David Soskice, 2001: An Introduction to Varieties of Capitalism. Oxford: Oxford University Press. In: Peter A. Hall/David Soskice (Hrsg.), Varieties of Capitalism. Institutional Foundations of Comparative Advantage. Oxford: Oxford University Press, 1-68.

Hall, Peter A./David Soskice, 2003: Varieties of Capitalism and Institutional Change: A Response to Three Critics. In: Comparative European Politics 1, 241-250.

Hentschel, Volker, 1996: Ludwig Erhard. Ein Politikerleben. Berlin: Ullstein.

Hibbs, Douglas, 1977: Political Parties and Macroeconomic Policies. In: American Political Science Review 71, 467-487.

Hibbs, Douglas, 1992: Partisan Theory after Fifteen Years. In: European Journal of Political Economy 8, 361-376.

Huber, Evelyne; Ragin, Charles; Stephens, John (1997/2004): Comparative Welfare Data Set. Updated 2004 by David Brady, Jason Beckfield, John Stephens.

Höpner, Martin, 2003: European Corporate Governance Reform and the German Party Paradox, MPIfG Discussion Paper 03/4. Köln: Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung. <http://www.mpifg.de/pu/mpifg_dp/dp03-4.pdf>

Höpner, Martin, 2004a: Unternehmensmitbestimmung unter Beschuss. Die Mitbestimmungsdebatte im Licht der sozialwissenschaftlichen Forschung. In: Industrielle Beziehungen 11, 347-379.

Höpner, Martin, 2004b: Sozialdemokratie, Gewerkschaften und organisierter Kapitalismus, 1880-2002. MPIfG Diskussion Paper 04/10. Köln: Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung. <http://www.mpifg.de/pu/mpifg_dp/dp04-10.pdf>

Huber, Evelyne/Charles Ragin/John D. Stephens (1997/2004): Comparative Welfare States Data Set 1997. Updated by David Brady, Jason Beckfield, John Stephens. April 2004. <http://www.lisproject.org/publications/welfaredata/cws lis.xls>

Jackson, Gregory/Sigurt Vitols, 2001: Pension Regimes and Financial Systems: Between Social Security, Market Liquidity and Corporate Governance. In: Bernhard Ebbinghaus/Philip Manow (Hrsg.), Varieties of Welfare Capitalism. London: Routledge, 172-191.

Katzenstein, Peter J., 1985: Small States in World Markets. Industrial Policy in Europe. Ithaca/London: Cornell University Press.

Keman, Hans/Paul Pennings, 1995: Managing Political and Societal Conflict in Democracies: Do Consensus and Corporatism Matter? In: BJPS 25, 271-288.

Kleinwächter, Friedrich, 1883: Die Kartelle. Ein Beitrag zur Frage der Organisation der Volkswirtschaft. Innsbruck: Verlag der Wagner’schen Universitäts-Buchhandlung.

La Porta, Rafael/Florenco Lopez-de-Silanes/Andrei Shleifer, 1997: Legal Determinants of External Finance. NBER Working Paper W5879. Cambridge, MA: National Bureau of Economic Research.

La Porta, Rafael, et al., 1998: Law and Finance. In: Journal of Political Economy 106, 1113-1155.

Lane, Jan-Erik/Svante Ersson, 1997: The Institutions of Konkordanz and Corporatism: How Closely Are they Connected? In: Swiss Political Science Review, 3, 5-30.

Lehmbruch, Gerhard, 1992: Konkordanzdemokratie. In: Manfred G. Schmidt (Hrsg.), Lexikon der Politik. Band 3: Die westlichen Länder. München: Beck, 206-211.

Lijphart, Arend, 1999: Patterns of Democracy. Government Forms and Performance in Thirty-Six Countries. New Haven/London: Yale University Press.

OECD, 1998: Maintaining Prosperity in an Ageing Society. Paris: OECD.

Pagano, Marco/Paolo Volpin, 2003: The Political Economy of Corporate Governance. IFA Working Paper. University of Salerno, Italy: Centre for Studies in Economics and Finance.

Roe, M. J., 2000: Political Foundations for Separating Ownership from Corporate Control. Columbia Law School Center for Law and Economic Studies Working Paper 155. New York: Columbia Law School.

Roe, Mark J., 2003: Political Determinants of Corporate Governance. Political Context, Corporate Impact. Oxford: Oxford University Press.

Scharpf, Fritz W./Vivien A. Schmidt, 2000: Welfare and Work in the Open Economy, Vol. 1: From Vulnerability to Competitiveness. Oxford: Oxford University Press.

Schludi, Martin, 2001: The Politics of Pensions in European Social Insurance Countries. MPIfG Discussion Paper 01/11. Köln: Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung.

Schmidt, Manfred G., 1982: Wohlfahrtsstaatliche Politik unter bürgerlichen und sozialdemokratischen Regierungen. Ein internationaler Vergleich. Frankfurt a.M.: Campus.

Schmidt, Manfred G., 1996: When Parties Matter: A Review of the Possibilities and Limits of Partisan Influence on Public Policy. In: European Journal of Political Research 30, 155-183.

Schmidt, Manfred G., 2002: The Impact of Political Parties, Constitutional Structures and Veto Players on Public Policy. In: Hans Keman (Hrsg.), Comparative Democratic Politics. A Guide to Contemporary Theory and Research. London: Sage, 166-184.

Schneider, Friedrich, 2003: Privatisation in OECD Countries: Theoretical Reasons and Results Obtaines. Unpublished Paper. Linz: University of Linz, Department of Economics.

Soskice, David, 1999: Divergent Production Regmes: Coordinated and Uncoordinated Market Economies in the 1980s and 1990s. In: Herbert Kitschelt et al. (Hrsg.), Continuity and Change in Contemporary Capitalism. Cambridge: Cambridge University Press, 101-134.

Streeck, Wolfgang, 1991: On the Institutional Conditions of Diversified Quality Production. In: Egon Matzner/Wolfgang Streeck (Hrsg.), Political Economy of Modern Capitalism. Mapping Convergence and Divergence. London: Sage, 33-54.

Thum, Horst, 1982: Mitbestimmung in der Montanindustrie. Der Mythos vom Sieg der Gewerkschaften. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt.

Wilensky, Harold, 2002: Rich Democracies. Political Economy, Public Policy, and Performance. Berkeley: University of California Press.

World Bank, 2004: World Development Indicators. Washington, DC: World Bank.

World Trade Organization (2001): International Trade Statistics 2001. Geneva: World Trade Organization.

World Trade Organization (2002): International Trade Statistics 2002. Geneva: World Trade Organization.

 

 

 

 

Endnoten

 

1

Australien, Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Japan, Kanada, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien, USA.

 

2

In der Fachliteratur existieren bereits vergleichende Indizes zur Rechnungslegung, meines Wissens bisher allerdings nicht mit Zeitvarianz.

 

3

Der Sarbanes-Oxley-Act (in Kraft seit 2002) war die umfassendste Reform der amerikanischen Unternehmenskontrolle seit den dreißiger Jahren. Das Gesetzespaket zentralisierte das (traditionell den Gliedstaaten zustehende) amerikanische Unternehmensrecht, weitete die Überwachungsbefugnisse der Börsenaufsicht aus, stärkte die Unabhängigkeit der "audit committees" und legte Managern, Direktoren und Rechnungsprüfern strengere Pflichten und höhere Strafen bei Pflichtverletzungen auf.

 

4

Deshalb wurde entschieden, statt des Jahres 2000 das Jahr 2002 als Stichjahr zu verwenden. Im Jahr 2002, anders als noch 2000, war die Phase der Überbewertung der so genannten "New-Economy"-Unternehmen in allen betrachteten Ländern beendet.

 

5

Es werden der Pearsonsche Korrelationskoeffizient r, die Signifikanz (p-Wert) und die Fallzahl angegeben. Ab der Schwelle von p<.100 werden Zusammenhänge als signifikant verschieden von Null gewertet.

 

6

Wünschenswert wären an dieser Stelle auch vergleichbare Daten über die finanzielle Lage der nationalen Alterssicherungssysteme, weil angenommen werden kann, dass sich demographischer Druck vor allem über Krisen der Rentensysteme in politisches Handeln übersetzt. Neben den Verschiebungen in der Alterspyramide kommt Druck auf die Rentensysteme auch über Frühverrentungen und späten Eintritt in das Berufsleben zustande.

 

7

Neben der vorherrschenden Konfession wären Informationen über die Intensität der Religionen in den jeweiligen Ländern wünschenswert, die beispielsweise anhand der Zahl der aktiven Kirchgänger geschätzt werden könnte.

 

8

Allgemeine Wettbewerbspolitik zielt auf Wettbewerb auf den Gütermärkten, Schutz der Minderheitsaktionäre auf Entwicklung der Kapitalmärkte.

 

9

Weitere berechtigte Kritikpunkte Ganghofs, allem voran Lijpharts Vermischung von Verhaltens- und institutionellen Variablen sowie Schwierigkeiten, die sich aus den von Lijphart gewählten Operationalisierungen ergeben, werden hier nicht weiter verfolgt.

 

10

Ich diskutiere dies in einem Papier zum Verhältnis von Verhandlungsdemokratie und organisiertem Kapitalismus, das sich derzeit in Vorbereitung befindet. Ich gehe davon aus, dass Verhandlungsdemokratie in der Sphäre der Unternehmenskontrolle zu begrenztem Aktionärseinfluss, zu Verflechtung und zu Steuerung durch Banken führt (möglicherweise entgegen den gewerkschaftlichen Präferenzen), in der Sphäre der Arbeitsbeziehungen aber zum Ausbau von Arbeitnehmerschutz und Mitbestimmung. Dies, anstelle institutioneller Komplementarität, sehe ich als wesentliche Ursache für die Entstehung und Stabilität des organisierten Kapitalismus an.

 

11

Darüber hinaus vertrete ich die Ansicht, dass Arbeitnehmervertreter ein generelles Interesse an der Senkung managerieller Agency-Kosten haben (Prestigeinvestitionen, Selbstbedienungspraktiken bei der Managementvergütung …).

 

12

Bezogen auf die Regressionskoeffizienten ist dieses Verfahren mathematisch identisch mit der Analyse von Stocks der Jahre 2000 beziehungsweise 2002 unter statistischer Kontrolle der Stocks für 1990. - In Tabelle 4 finden sich neben den Termen die auf die unabhängigen Variablen bezogenen Signifikanzen (p-Werte) und die Fallzahlen. Zusammenhänge werden als signifikant verschieden von Null gewertet, wenn eine Irrtumswahrscheinlichkeit von nicht mehr als 10 Prozent angezeigt wird (p<.100).

 

13

Auch hier geht Italien als Land mit überdurchschnittlichen Aktionärsrechten im Jahr 2000 und stark unterdurchschnittlichem Anteil von Linksregierungen (25,5 Prozent) zwischen 1960 und 2000 in die Korrelationsrechnung in Tabelle 3 ein; dennoch gehen die Reformen auf das Konto einer Linksregierung.

 

14

Dies unbeschadet der Tatsache, dass entsprechende Reformen sowohl in den angloamerikanischen als auch in den kontinentaleuropäischen Ländern stattfanden.

 

 

 


Copyright © 2005 Martin Höpner

No part of this publication may be reproduced or transmitted without permission in writing from the author.

Jegliche Vervielfältigung und Verbreitung, auch auszugsweise, bedarf der Zustimmung des Autors.

MPI für Gesellschaftsforschung, Paulstr. 3, 50676 Köln, Germany

 

 

   
 
 
 

 

MPIfG:  MPIfG Working Paper 05/10

http://www.mpifg.de/pu/workpap/wp05-10/wp05-10.html

[Zuletzt geändert am 24.08.2007 10:28]