Unsicherheit und Multiple-Self-Identität : Eine Spekulation über die Voraussetzungen strategischen Handelns
Wiesenthal, HelmutDownload:
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URL | https://edoc.vifapol.de/opus/volltexte/2011/2756/ |
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Dokumentart: | Bericht / Forschungsbericht / Abhandlung |
Institut: | MPIfG - Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung |
Schriftenreihe: | MPIFG discussion paper |
Bandnummer: | 1990, 2 |
Sprache: | Deutsch |
Erstellungsjahr: | 1990 |
Publikationsdatum: | 07.02.2011 |
Originalveröffentlichung: | http://www.mpifg.de/pu/mpifg_dp/dp90-2.pdf (1990) |
SWD-Schlagwörter: | Handlung , Strategie , Handlungstheorie , Organisationssoziologie |
DDC-Sachgruppe: | Politik |
BK - Basisklassifikation: | 89.99 (Politologie: Sonstiges), 89.29 (Politische Richtungen: Sonstiges) |
Sondersammelgebiete: | 3.6 Politik und Friedensforschung |
Kurzfassung auf Deutsch:
So selbstverständlich die Rede von handelnden Organisationen ist, so gewichtig sind die Zweifel, die die verhaltenswissenschaftliche Organisationsforschung der Vorstellung von rational planenden und zweckoptimierenden Kollektivakteuren entgegenbringt. Es gibt reichlich Belege dafür, daß Organisationen unter Bedingungen hoher Umweltunsicherheit unfähig werden, komplexe Handlungsprogramme i.S. der intentionalen Einflußnahme auf Umweltzustände zu verwirklichen. Interne Differenzierung und exogene Unsicherheit kulminieren vielmehr in einem Bündel von Anreizen zum situativen (adaptiven) Entscheiden und zur Institutionalisierung von Routinen. Den hohen Ansprüchen strategischer Rationalität können offenbar nur solche Akteure genügen, die aus der Position eines spezifischen Machtvorsprungs auf schmale Ausschnitte einer berechenbaren Umwelt blicken. Eine Durchsicht organisationswissenschaftlicher Befunde und handlungstheoretischer Konzepte zeigt jedoch, daß mehr Alternativen als die des strategieunfähigen “Anpassers” und des machtblinden “Strategen” bestehen. Akteure können ein deutlich höheres Niveau der Handlungskompetenz unter Unsicherheit erklimmen, wenn sie den Anspruch auf konsistente Umweltdeutungen aufgeben und die Entwicklung eines zwar “gespaltenen”, aber komplexeren und lernfähigen Orientierungsmusters zulassen. Multiple Umweltreferenzen, ermöglicht durch den Verzicht auf ein holistisch “gemeintes”, aber in bezug auf seine unvermeidlichen Auslassungen unkontrolliertes Weltbild, erlauben es, die Umweltsensibilität und kognitive Kompetenz zu steigern. Voraussetzung ist allerdings, daß die Reibungsflächen zwischen konkurrierenden Weltsichten nicht durch unerfüllbare Leistungsansprüche verschärft, sondern durch hohe Ambiguitätstoleranz geglättet sind. Die dritte Alternative, der Akteurtyp “Multiple Self”, impliziert die Umkehrung von vertrauten Diagnosen: Unvermittelter Deutungspluralismus und ein Mangel an globalstrategischer Eindeutigkeit können nicht mehr ohne weiteres als Ursachen der unzulänglichen Zielverwirklichung interpretiert werden. Sie sind u.U. die positiven Voraussetzungen des (noch) erreichten Kompetenzniveaus. Um sich zu kurieren, hätte der unter unzulänglicher Strategiefähigkeit leidende Akteur nicht den Weg zur höheren Integration, sondern zur selektiven Qualitätsverbesserung seiner multiplen Deutungen einzuschlagen. Die Studie diskutiert sowohl Theorien mit skeptischen als auch mit zuversichtlichen Antworten auf die Frage nach Belegen für organisatorische Strategiekompetenz, um sodann den Bedingungen rationalen Handelns unter Unsicherheit ausführlichere Beachtung zu schenken. Der Funktionsmodus von Multiple Selves wird an drei unterschiedlichen Akteurtypen (Gewerkschaften, Reformparteien, Politikerrollen) exemplifiziert und hinsichtlich der Voraussetzungen Slack und Ambiguitätstoleranz etwas näher spezifiziert.
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