Europäische Wende zu "Neuen Formen des Regierens" (new modes of governance) : Rechtsprobleme eines politischen Konzepts

Joerges, Christian ; Braams, Beate ; Everson, Michelle

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URL https://edoc.vifapol.de/opus/volltexte/2012/4096/
Dokumentart: Bericht / Forschungsbericht / Abhandlung
Institut: SFB 597 Staatlichkeit im Wandel
Schriftenreihe: TranState working papers
Bandnummer: 55
Sprache: Deutsch
Erstellungsjahr: 2007
Publikationsdatum: 18.12.2012
Originalveröffentlichung: http://www.sfb597.uni-bremen.de/pages/download.php?ID=66&SPRACHE=DE&TABLE=AP&TYPE=PDF (2007)
SWD-Schlagwörter: Governance , Europäische Union , Recht , EU-Politik , Governance-Ansatz , EU-Staaten
DDC-Sachgruppe: Politik
BK - Basisklassifikation: 86.86 (Europarecht: Allgemeines), 89.73 (Europapolitik, Europäische Union), 89.31 (Staatslehre)
Sondersammelgebiete: 3.6 Politik und Friedensforschung

Kurzfassung auf Deutsch:

„ Sag, wo die Soldaten sind, Wo sind sie geblieben? So begann die dritte Strophe von Pete Seeger’s legendärem Blumen-Lied. Wie sollte die bittere Melancholie seiner Lyrik zu dem „turn zu governance“ passen, den die Europapolitik offiziös unter dem Kommissionspräsidenten Romano Prodi i.J. 2001 nach raschen Vorarbeiten vollzogen hat? Immerhin galt einstmals das Recht als Rückgrat des Integrationsprojekts; Juristen, Verwaltungsbeamte und Richter, schienen berufen, seinen Fortgang rechtlich zu disziplinieren. „GOVLIT“, die Literatursammlung des von der Europäischen Kommission geförderten Exzellenz-Netzwerks CONNEX ("Connecting Excellence on European Governance“) verzeichnet inzwischen (im Mai 2007) 3345 Einträge. Vom Recht ist noch die Rede und Juristen finden sich unter den Autoren. Aber der Umschwung ist doch frappierend: “Where have all the lawyers gone“? Wir stellen diese Frage, weil wir wissen möchten, aus welchen Gründen das Recht ins Hintertreffen zu geraten scheint, weil uns die verfassungspolitischen Dimensionen dieses Rückzugs interessieren und, last, but not least, weil wir die Einheit von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie als eine Errungenschaft verstehen, die nicht ohne Not aufs Spiel gesetzt werden sollte – , auch nicht im Namen der Integration Europas. Dies ist das Leitmotiv des gesamten Beitrags. Es geht uns nicht etwa darum, zwischen Rechts- und Politikwissenschaft einen Keil zu treiben, um so die alte Rechtsherrlichkeit wieder herzustellen. Wir gehen vielmehr davon aus, dass die Wende zum Regieren unaufhaltsam ist – auf allen Ebenen. Es erscheint uns allerdings angebracht, der nationalen Ebene hierbei besondere Aufmerksamkeit zu widmen, vor allem aus methodologischen Gründen. In den Debatten der 80er Jahre sind nämlich noch immer aktuelle Konzeptionen entwickelt worden, die eine Orientierung des Rechts an sachlichen Problemlösungen mit seinen rechtsstaatlichen Qualitäten zu versöhnen suchten. Die vielen -- oft nur dem Namen nach -- neuen “modes of governance“, die in Europa praktiziert werden, bedeuten gewiss eine Herausforderung des Rechts. Aber in der Praxis der Integrationspolitik sind nicht bloß Erosions-, sondern auch Regenerationsprozesse zu beobachten. Die rechtliche Bindung des Regierens ist schwieriger geworden, aber die Idee, dass Regieren sich legitimieren müsse und seine Legitimität rechtlich zu vermitteln habe, bleibt aktuell.


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