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MPIfG Working Paper 06/4, Mai 2006
Sind Unternehmen sozial verantwortlich?
Jens Beckert
, Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung Köln
Vortrag, gehalten auf der Tagung "Unternehmensethik"
am Zentrum für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld, 9.
Dezember 2005.
Abstract
While the issue of corporate social responsibility
has been studied in the social sciences for many years, it has become more critical
as financial markets' influence on companies has grown. Pressure on
corporations to increase shareholder value seems to leave no room for firms to
make decisions that do not lead directly to profit maximization. The working
paper deals with three aspects of the question "Are companies socially
responsible?": Do companies make socially responsible decisions? Under what
conditions can companies act in a socially responsible way? Should companies
make socially responsible decisions? The paper refutes the notion that
institutionalizing voluntary corporate social responsibility will induce
companies to make decisions that are socially desirable.
Zusammenfassung
Seit längerem wird in den Sozialwissenschaften über
die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen diskutiert. In jüngerer Zeit
erlangte das Thema angesichts der zunehmenden Finanzmarktorientierung von
Unternehmen zusätzliche Brisanz. Die Ausrichtung von Unternehmensentscheidungen
an "shareholder value" scheint keinen Platz für nicht am erwarteten Gewinn
ausgerichtete Entscheidungen im unternehmerischen Handeln zu lassen. Das Working
Paper geht der Frage "Sind Unternehmen sozial verantwortlich?" in ihren drei
möglichen Bedeutungen nach: (1) Nehmen Unternehmen in ihren Entscheidungen
soziale Verantwortung wahr, (2) unter welchen Bedingungen können sie soziale
Verantwortung wahrnehmen und (3) sollen sie soziale Verantwortung ausüben. Die
Argumentation richtet sich kritisch gegen die Vorstellung, gesellschaftlich
gewünschte Anforderungen an unternehmerisches Handeln ließen sich durch die
Institutionalisierung freiwillig sozial verantwortlichen Engagements erreichen.
Die Frage, die den Titel dieses Vortrags bildet - "Sind Unternehmen sozial
verantwortlich?" - lässt sich in dreierlei Weise verstehen. Sie kann erstens als
empirische Frage verstanden werden. Dann führt sie zu Beobachtungen des
tatsächlichen Verhaltens von Unternehmen hinsichtlich ihrer Wahrnehmung von
sozialer Verantwortung. Sie kann zweitens als Frage nach den Bedingungen der
Möglichkeit sozial verantwortlichen Handelns von Unternehmen verstanden werden.
Dann führt sie zu theoretischen Erörterungen der Handlungsoptionen von
Unternehmen im Kontext bestehender marktwirtschaftlicher Zwänge. Schließlich
lässt sie sich auch als normative Frage beantworten. Dann lenkt sie auf
theoretische Erörterungen der Wünschbarkeit einer Orientierung unternehmerischen
Handelns an Kriterien der sozialen Verantwortung.
Ich möchte in diesem Vortrag allen drei Bedeutungen der Frage "Sind Unternehmen
sozial verantwortlich?" nachgehen. Dabei möchte ich gleich zu Beginn zu
Protokoll geben, dass mich bei der Rede von einer "sozialen Verantwortung" von
Unternehmen immer ein deutliches Missbehagen beschleicht. Ich habe den Verdacht,
dass es sich bei der zweifelsohne sympathischen Rede von der sozialen
Verantwortung von Unternehmen um ein soziologisch unterkomplexes und in
vielerlei Hinsicht ideologisches Konzept handelt. Auch ich spüre den von Niklas
Luhmann (1993) auf einer Tagung zur Wirtschaftsethik am Beginn seines Vortrags
formulierten Impuls, nach dem Ausgang zu schielen. Doch anstatt jetzt nach
meinem Autoschlüssel zu kramen bzw. mein Bahnticket zu suchen, möchte ich
versuchen, das Missbehagen gegenüber dem Topos genauer zu erkunden. Ich werde
dies entlang der drei von mir unterschiedenen Bedeutungen der formulierten Frage
tun.
Bevor ich jedoch in medias res gehe, werde ich zunächst den
Gegenstandsbereich, über den ich hier spreche, definieren. Soziale Verantwortung
von Unternehmen bedeutet, dass die Handlungen eines Unternehmens sich nicht
allein an Motiven der Maximierung ökonomischer Kennzahlen wie Gewinn- oder
Umsatzsteigerung orientieren (sollen), sondern die möglicherweise durch die
Entscheidungen verursachten externen Kosten bei Arbeitnehmern, Verbrauchern oder
der natürlichen Umwelt in die Entscheidung mit einbeziehen und so handeln, dass
diese Kosten gering gehalten werden.
Einer von Stefanie Hiß (2005) vorgeschlagenen Differenzierung folgend lassen
sich drei Bereiche sozialer Verantwortung von Unternehmen unterscheiden. Im
engsten Sinn bedeutet soziale Verantwortung, bestehende Gesetze tatsächlich zu
befolgen. In einem weiteren Sinn meint soziale Verantwortung die
Berücksichtigung der Folgen unternehmerischer Entscheidungen innerhalb der
eigenen Wertschöpfungskette. Am umfassendsten ist die Bedeutung, wenn
Unternehmen in Projekte investieren, die dem Gemeinwohl förderlich sind, ohne in
einem direkten Zusammenhang mit den Geschäftstätigkeiten zu stehen. Beispiele
hierfür sind ein Pharmaunternehmen, das ein Schutzreservoir für den tropischen
Regenwald unterstützt oder eine Unternehmensberatung, die an der
Alphabetisierung Erwachsener in einem sozialen Brennpunktgebiet mitwirkt. Die
unterschiedenen drei Verantwortungsbereiche bauen nicht in einem logischen Sinn
aufeinander auf, ihre Unterscheidung dient lediglich der analytischen
Präzisierung eines zunächst diffusen Feldes.
Zu der Definition sozialer Verantwortung von Unternehmen gehört schließlich ein
Moment der Freiwilligkeit. Unternehmen sind nicht verpflichtet, philanthropisch
tätig zu sein. Ebenso müssen sie externe Kosten nur im Rahmen bestehender
Gesetze einbeziehen. Dass aber auch der engste Bereich, Gesetzestreue, selbst
ein Moment der Freiwilligkeit enthält, erschließt sich erst aus der Logik
ökonomischen Denkens, demzufolge Gesetzesverstöße dann zu erwarten sind, wenn
dies für das Unternehmen profitabel ist. Bei schlecht überwachten Gesetzen oder
Regelungen, die durch Missachtung oder Bestechung umgangen werden können,
beinhaltet Gesetzestreue in diesem Sinn ein Moment der Freiwilligkeit.
1.
Nach diesen einführenden Bemerkungen zur Klärung des Gegenstandsbereichs komme
ich nun zu der ersten Frage: Handeln Unternehmen tatsächlich sozial
verantwortlich? In gewisser Weise möchte ich die Frage gleich wieder
zurückweisen, da sie mir auf der einen Seite trivial erscheint und auf der
anderen Seite unbeantwortbar. Sie ist trivial in dem Sinn, dass wir
selbstverständlich eine Vielzahl Beispiele für unternehmerisches Handeln
anführen können, das die Kriterien der ausgeführten Definition erfüllt. Insofern
handeln Unternehmen sozial verantwortlich. Oder, genauer ausgedrückt: Es gibt
Unternehmen, die sozial verantwortliche Entscheidungen treffen. Nicht ganz so
trivial ist dieser Befund allerdings aus der Perspektive der ökonomischen
Theorie. Wenn Unternehmen Nutzenmaximierer sind, die in marktlichem
Konkurrenzkampf miteinander stehen, wie kann es dann sein, dass zumindest einige
von ihnen in einigen Fällen Kosten auf sich nehmen, die sie auch vermeiden
könnten? Auf diesen wichtigen Punkt komme ich später wieder zurück.
Die Frage nach der tatsächlichen sozialen Verantwortung von Unternehmen zielt
jedoch auch auf einen Maßstab. "Sind Unternehmen hinreichend sozial
verantwortlich?" lautet dann die Frage. So gestellt scheint mir die Frage
schlicht unbeantwortbar. Denn hierfür bedürfte es nicht nur eines Standards, der
die erwünschte soziale Verantwortung von Unternehmen misst, sondern auch einer
objektiven Überprüfbarkeit der Erfüllung dieses Standards. Dies scheint mir
nicht möglich zu sein, wie sich an den Erfahrungen mit den in den siebziger
Jahren viel gepriesenen Sozialbilanzen und heutigen Nachhaltigkeitsberichten
erkennen lässt. Ursache dieser Unbestimmbarkeit - die natürlich auch in anderen
Feldern des Sozialen besteht - scheint mir die Komplexität,
Interessenabhängigkeit und Ideologiebehaftetheit des Gegenstandsbereichs zu
sein. Dies bringt jede Antwort auf die Frage in den Verdacht interessengeleitet
zu sein, was nicht nur für die Unternehmen gilt, die auf gesellschaftliche
Legitimation angewiesen sind, sondern auch für das Erkenntnisinteresse der
beobachtenden Stakeholder. Für die Beantwortung der Frage wird vermutlich jeder
finden, was er sucht. Hierin besteht ein Grund für mein Missbehagen dem
Thema gegenüber. Es ist so dehnbar, dass es leicht zum ideologischen Spielball
und Manipulationsobjekt von Public-Relations-Abteilungen aber auch von "sozialen
Bewegungsunternehmern" wird.
2.
Erst die zweite Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit sozial
verantwortlichen Handelns von Unternehmen scheint mir vielversprechender. Wenn
wir denn beobachten können, dass Unternehmen freiwillig Kosten auf sich nehmen,
die sie auch externalisieren könnten, wie lässt sich dies erklären? Die Frage
ist deshalb vielversprechender, weil wir aus den Antworten möglicherweise
erschließen können, wie sozial verantwortliches Handeln von Unternehmen
befördert werden kann, soweit man dies denn will.
Die Problematik erschließt sich am ehesten aus der oben angeführten Logik
ökonomischen Denkens: Nutzenmaximierende Akteure werden ihren Gewinn maximieren
wollen, indem sie sämtliche Kosten zu vermeiden trachten, die sich nicht
irgendwann auch auf der Habenseite ihrer Bilanzen wiederfinden lassen. Wenn sie
dennoch nicht durchgängig so handeln, dann ist dies im Kontext
marktwirtschaftlicher Konkurrenz erklärungsbedürftig. Es bieten sich drei
Erklärungsansätze an:
(1) Erstens lässt sich soziale Verantwortung von Unternehmen als Ausdruck
moralischer Handlungsorientierungen auf Seiten der verantwortlichen Manager
interpretieren. Dieser Vorschlag wird häufig schnell wieder zurückgewiesen, weil
er mit vielen zu beobachtenden Handlungen von Unternehmen unvereinbar scheint
und außerdem moralische Handlungen - sobald sie Abstriche an Effizienz erfordern
- der Logik des Konkurrenzkampfes widersprechen. Für moralische Sentimentalität
bietet der Markt keinen Raum! Doch mag diese Schlussfolgerung zumindest in ihrer
Allgemeinheit voreilig sein.
Zum einen werden Entscheidungen von Unternehmen nicht vom Markt determiniert. Es
gibt Handlungsspielräume in Entscheidungsprozessen, die auch moralisch
ausgefüllt werden können. Moralisches Handeln kann unter anderem erwartet
werden, weil auch Unternehmer in einen unter Wertgesichtspunkten urteilenden
sozialen Kontext eingebettet sind und ihre soziale Anerkennung in dieser
Gemeinschaft auch von der moralischen Legitimation ihrer Handlungen abhängt.
Hier mag es ein Kontinuum geben, das von mittelständischen Unternehmen in
kleinstädtischen Strukturen auf der einen Seite bis zu global agierenden
Finanzinvestoren - den "Heuschrecken" - auf der anderen Seite reicht. Während
bei ersteren wertrationale Bezüge traditionaler Ökonomien in Entscheidungen eher
einfließen, gilt dies für letztere nicht oder nur im Sinne einer
Rechtfertigungsmoral, mit der dann etwa der Abbau von Arbeitsplätzen mit der
Sicherung der verbleibenden Arbeitsplätze entschuldigt wird. Moralische
Handlungsorientierungen bedürfen, so ließe sich schlussfolgern, einer Einbindung
in sanktionsmächtige Gemeinschaften. Die Ausweitung von Exit-Optionen für
Unternehmen durch die Erweiterung von Möglichkeiten der Standortverlagerung und
die Ausbildung eines Marktes für "corporate control" unterminieren die
Sanktionsmacht lokaler Lebenswelten.
Zum anderen lassen sich moralische Handlungsorientierungen durchaus mit
ökonomischen Eigeninteressen verbinden. Moral ist eine bedeutende Antwort auf
die sich im engeren Verantwortungsbereich der "freiwilligen" Einhaltung von
Gesetzen stellenden Kollektivgutproblematik. Emile Durkheims (1992 [1893]) Begriff der
Vertragsmoral verweist auf die moralischen Grundlagen des Tausches. Ohne
Vertragsmoral würden rein selbstinteressiert handelnde Akteure jede vertragliche
Vereinbarung unterlaufen, wenn immer sie dies tun könnten, ohne Sanktionen
befürchten zu müssen. Dies würde zur Implosion von Tauschbeziehungen oder zur
Explosion von Kontrollkosten führen (Beckert 1997). Vertragsmoral lässt sich
zugleich nicht rationalistisch erklären, da - so das Paradox - ihre rationalen
Folgen gerade die Transzendenz reinen Selbstinteresses erfordern.
(2) Zweitens lässt sich versuchen, das sozial verantwortliche Handeln von
Unternehmen in die Logik des Profitdenkens selbst zu integrieren. Was zunächst
der Steigerung von ökonomischem Erfolg zu widersprechen scheint, entpuppt sich
bei genauerem Hinsehen als durchaus für diesen Zweck nützlich. Seine Arbeiter
besser zu entlohnen als der gesetzliche Mindestlohn verlangt, kann ja, wie wir
aus der Effizienzlohntheorie wissen, dem Zweck dienen, die eigenen Arbeiter vom
Bummeln abzuhalten und die Fluktuation der Arbeitskräfte zu senken (Akerlof
1984). Die Kürzung der Länge des Arbeitstages war für das Industrieproletariat
im 19. Jahrhundert zwar eine wichtige Erleichterung, doch kann man etwa bei Marx
nachlesen, dass diese Entwicklung weniger humanitären Motiven entsprang als
vielmehr der Notwendigkeit des Erhalts der Arbeitskraft im kapitalistischen
Produktionsprozess. In Konsumgütermärkten kann gesellschaftlich verantwortliches
Handeln der Unternehmen sich auszahlen, wenn die Konsumenten es durch höhere
Markenloyalität und stärkere Nachfrage in einer für das Unternehmen profitablen
Weise danken. Wichtig ist hierbei, unterschiedliche Zeithorizonte zu
berücksichtigen: Was kurzfristig als kostenträchtiger Verlust erscheint, mag
sich langfristig gewinnbringend auszahlen. Wenn die "Legitimität des Produktes"
selbst Bestandteil des Werts des Produktes ist - im Marketingjargon: einen
Zusatznutzen darstellt - dann sind Unternehmen gut beraten, dies in ihre
Produktstrategien einzubeziehen. Auf den Verkauf von Äpfeln aus dem Südafrika
des Apartheid-Regimes zu verzichten, mag in der Tat keinen oder zumindest nicht
nur einen moralischen Hintergrund gehabt haben, sondern eine Entscheidung mit
Blick auf den Jahresabschluss gewesen sein.
In Abwandlung eines von Wolfgang Streeck (1997) eingeführten Begriffs lässt sich
hier von "beneficial self-constraints" sprechen. Weiter unten werde ich auf die
Frage der Freiwilligkeit zurückkommen. Bereits hier möchte ich jedoch zum
Ausdruck bringen, dass mein Missfallen gegenüber dem Konzept der sozialen
Verantwortung von Unternehmen gerade auch mit dessen Charakter als freiwilligem
"self-constraint" im Zusammenhang steht.
(3) Können wir sozial verantwortliches Handeln von Unternehmen also aus der
ökonomischen Handlungslogik heraus erklären? Ich glaube nicht, dass eine solche
rationalistische Erklärung tatsächlich trägt. Unter Bezugnahme auf den neuen
soziologischen Institutionalismus sowie Arbeiten von Christoph Deutschmann
(1999) und von mir (1996, 2002) hat Stefanie Hiß in ihrer Dissertation
überzeugend gezeigt, dass eine rationalistische Rekonstruktion der Umsetzung des
Konzepts der sozialen Verantwortung von Unternehmen an der Problematik der
Ungewissheit tatsächlicher Folgen sozial verantwortlichen Handelns für das
Unternehmen scheitert. Manager zeigen in Interviews eher eine tiefe Ratlosigkeit
im Hinblick auf ihren Umgang mit den von Stakeholdern artikulierten Ansprüchen
und sehen sich auf einem rational nicht beherrschbaren Feld (Hiß 2005: 104). Was
gut gemeint ist, mag zu Protesten führen; Kunden, die in Umfragen ihr Verlangen
nach "fairen Produkten" zum Ausdruck bringen, greifen im Supermarktregal dann
doch nicht nach diesen Waren.
Als Alternative bietet sich eine sozialkonstruktivistische Erklärung sozial
verantwortlichen Handelns von Unternehmen an. In Situationen mit Ungewissheit
orientieren Unternehmen ihre Handlungsstrategien an Mustern, die in dem
organisationalen Feld legitimiert sind. Unter Bedingungen von Ungewissheit gibt
es keinen "situativen Determinismus" (Latsis 1972) intentional rationaler
Akteure, sondern nur eine sozial gesteuerte Reduktion von Komplexität, bei der
legitimierte Handlungsmuster mimetisch nachgeahmt werden (DiMaggio/Powell 1983).
Damit verlagert sich die Erklärung der Bedingungen der Möglichkeit sozial
verantwortlichen Handelns von Unternehmen auf die Konstruktions- und
Definitionsprozesse ökonomischer Akteure, die sich in organisationalen Feldern
ausbilden (Hiß 2005: 109). Nicht die Optimierung der Produktionsfunktion,
sondern die Orientierung an legitimen Strategien steuert das Handeln von
Unternehmen, einschließlich ihrer Umsetzung "sozialer Verantwortung".[1] Was als
intentional rationale Reaktion auf Anforderungen aus der gesellschaftlichen
Umwelt von Unternehmen erfolgt, lässt sich aufgrund der Ungewissheit von
Handlungsfolgen bzw. der Unkenntnis optimaler Handlungsentscheidungen nur als
Ergebnis kontingenter Interpretationsprozesse verstehen. Die jeweiligen
Interpretationen der Handlungssituation sind Ergebnis diskursiver Prozesse unter
den Beteiligten. Dieser Zusammenhang von Handlungsentscheidungen und sozialem
Kontext ist nicht gleichbedeutend mit ökonomisch suboptimalen Resultaten,
verweist jedoch auf die Hilflosigkeit der ökonomischen Handlungstheorie in
Handlungssituationen, in denen sich optimale Strategien ex ante nicht
deduzieren lassen (Beckert 1996).
3.
Der soziologische Neoinstitutionalismus (DiMaggio/Powell 1991) ermöglicht eine
überzeugende soziologische Erklärung der Institutionalisierung sozial
verantwortlichen Handelns von Unternehmen, die den Fallstricken
rationalistischer Erklärungen entgeht, ohne zugleich in einen unrealistischen
Moralismus zu verfallen. An der intentionalen Rationalität der Akteure wird
nicht gezweifelt. Doch verweist der soziologische Institutionalismus indirekt
zugleich auf eine normative Problematik, die sich aus dem rein endogenen
Rationalitätsbegriff sozialkonstruktivistischer Theorien ergibt. Was als sozial
verantwortliches Handeln von Unternehmen gilt, ist dem soziologischen
Institutionalismus zufolge kontingent. Es gibt keinen außerhalb der
Rationalitätskonstruktionen der Akteure liegenden Maßstab der Beurteilung
unternehmerischen Handelns. Die damit verbundene Problematik kommt besonders
deutlich in den Begrifflichkeiten der frühen Arbeiten von John Meyer und Brian
Rowen (1977) zum Vorschein, die Rationalität als Mythos und Zeremonie
verstehen. Christoph Deutschmanns (1999) Begriff der Mythenspirale nimmt diesen
Gedanken einer im Kern völlig kontingenten ökonomischen
Rationalitätskonstruktion kritisch auf. Verzichtet wird in den
sozialkonstruktivistischen Ansätzen auf einen Standard, von dem aus
unternehmerische Handlungsstrategien beurteilt und verglichen werden könnten -
sei es unter Kriterien ökonomischer Effizienz, sei es unter Kriterien
gesellschaftlicher Verantwortung von Unternehmen. Unternehmerisches Handeln in
hinreichend komplexen Umwelten unterscheidet sich in der Perspektive des
soziologischen Neoinstitutionalismus in keiner Weise von Ritualhandlungen, die
auf totemistischen Glaubensvorstellungen beruhen (Beckert 2002). Die religiösen
Rituale erscheinen den Gläubigen als ebenso "rationale" Reaktion auf die
Anforderungen ihrer Umwelt wie den Akteuren hochmoderner Ökonomien ihre
jeweiligen Strategien als rationale Entscheidungen erscheinen. Der
kulturvergleichende anthropologische Blick ermöglicht die Erkenntnis der
Kontingenz und der Kulturabhängigkeit jeglicher Handlung.
So sehr diese Denkfigur gegen die ökonomische Handlungstheorie gerichtet ist, so
sehr steht sie auch in einer Wahlverwandtschaft zu dieser. Ergibt sich in der
ökonomischen Erklärung sozial verantwortliches Handeln von Unternehmen aus einer
als vorteilhaft wahrgenommenen Selbstbeschränkung ("beneficial self-constraint")
der Unternehmen, die aus den kontingenten Präferenzen der Nachfrager
resultiert oder aber aus der Wahrnehmung langfristiger unternehmerischer
Verwertungsinteressen, so ergibt sich dieses Handeln dem soziologischen
Institutionalismus zufolge aus kontingenten kollektiven Zuschreibungen,
die sich in einem organisationalen Feld ausbilden. Beide Ansätze eint der
Verzicht auf einen externen Rationalitätsbegriff, mit dem normative Maßstäbe zur
Beurteilung des Handelns gewissermaßen von außen an die Akteure bzw. das Feld
herangeführt würden. Die ökonomische Theorie konzentriert sich auf die Bewertung
des Handelns von Unternehmen unter Gesichtspunkten wirtschaftlicher Effizienz
(Gewinnmaximierung), der soziologische Neoinstitutionalismus auf die
Legitimation der unternehmerischen Strategien in dem organisationalen Feld und
damit implizit auf die Bestandserhaltung von Organisationen. Sowohl ökonomische
Erklärungen als auch der soziologische Neoinstitutionalismus vermeiden dadurch
die Auseinandersetzung mit der Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung
durch Unternehmen anhand normativer Kriterien.
4.
Damit komme ich zur dritten Bedeutung meiner im Titel des Vortrags formulierten
Frage. Sollen Unternehmen sozial verantwortlich handeln? In gewisser Hinsicht
ist auch diese Frage trivial und nur mit einem "Ja" zu beantworten. Niemand kann
ernsthaft wollen, dass Unternehmen die Kosten ihres Handelns auf Dritte
abwälzen. Die Frage lässt sich aber auch anders formulieren: Soll "corporate
social responsibility" - also: das Prinzip freiwilliger Abweichung von
ökonomischen Zielen zwecks Realisierung nicht ökonomischer Zielvorstellungen -
das Steuerungskonzept sein, mit dem die soziale Verantwortung von Unternehmen
realisiert wird?
Meine Antwort auf diese Frage ist ein deutliches "Nein". Die Verpflichtung zu
"freiwillig" sozial verantwortlichem Handeln möchte ich auf das von Stefanie Hiß
(2005) als inneren Verantwortungsbereich bezeichnete Gebiet der Einhaltung von
Gesetzen beschränkt wissen. Es gibt eine Verantwortung von Unternehmen
dahingehend, sich an geltende Gesetze und Verträge zu halten, auch dann, wenn
ihr Umgehen durch Korruption oder aufgrund unzureichender Kontrolle möglich und
vorteilhaft wäre. Dies lässt sich aus der kantischen Pflichtenethik
moralphilosophisch und funktional aus den Folgen opportunistischen Handelns für
die Möglichkeit von Marktbeziehungen begründen (Beckert 1997). Soziologisch
stellt sich hier die Frage nach den institutionellen, sozialstrukturellen und
den in der Person liegenden Voraussetzungen, unter denen "Gesetzestreue" von
Akteuren erwartet werden kann. Dabei kommt in modernen Gesellschaften formalen
sanktionsbewehrten Institutionen eine zentrale Rolle zu. Denn unter Bedingungen
der Enttraditionalisierung und des Entfalls transzendentaler Stützen
normenkonformen Handelns muss zunehmend mit normverletzenden Handlungsstrategien
gerechnet werden. Diese lassen sich als "free riding" charakterisieren, das die
Kosten normenkonformen Handelns stetig erhöht. Gesellschaften unterminieren
damit die normativen Grundlagen, auf denen sie zugleich aufbauen. Darauf
reagieren Gesellschaften mit der Ausdehnung formaler Institutionen, deren
Aufgabe in der Durchsetzung von Sanktionen gegen Normverletzer besteht.
Doch
beruht der Schutz vor opportunistischem Handeln keinesfalls nur auf
Sanktionsmöglichkeiten durch Dritte. Emile Durkheim etwa betonte die Bedeutung
sektoral organisierter, dialogischer Aushandlungsprozesse zwischen Stakeholdern
in Berufsgruppen (1992 [1893]). Dies verweist auf die Bedeutung deliberativer
Prozesse für die Überwindung opportunistischer Handlungsstrategien (Piotti 2006:
140f). In seinen späteren religionssoziologischen Schriften hob Durkheim (1981
[1912]) die Bedeutung kollektiver Erfahrungen der Selbsttranszendenz (1981
[1912]) hervor, durch die Werte entstehen, die eine starke Bindungskraft auf die
Gesellschaftsmitglieder ausüben. Diese stellen nämlich eine positive Attraktion
dar und leiten Institutionalisierungsprozesse an (Joas 1997: 87ff).
Dass Verhaltenskodizes in Unternehmen häufig nach massiven, durch ethisches
Fehlverhalten ausgelöste Krisen eingeführt werden, gibt einen Hinweis auf diesen
Zusammenhang. Wie auch immer man die Frage nach den Grundlagen von Gesetzes- und
Vertragstreue letztlich beantwortet, es wird dabei um Formen sozialer
Einflussnahme auf individuelle Handlungsentscheidungen gehen. Je stärker sich
Unternehmensentscheidungen dabei von der Einbindung in lokale oder nationale
Strukturen loslösen und einer Finanzmarktsteuerung unterliegen, desto
notwendiger werden diese Regulationen.
Nicht begründen lässt sich meines Erachtens, weshalb Unternehmen eine
freiwillige soziale Verantwortung in den beiden erweiterten
Verantwortungsbereichen zukommt. Hintergrund dieser Auffassung ist die
spezifische Organisationsform moderner Gesellschaften nach dem Prinzip
funktionaler Differenzierung. Funktionale Differenzierung bedeutet genau die
Abkoppelung des ausdifferenzierten Wirtschaftssystems von Entscheidungskriterien
anderer Sozialsysteme. In funktional differenzierten Gesellschaften trennen sich
Wertsphären (Weber) voneinander. Gerade in diesem Organisationsprinzip liegt die
enorme Leistungsfähigkeit moderner Gesellschaften begründet. Das Konzept der
sozialen Verantwortung von Unternehmen unterminiert aber genau dieses Prinzip,
indem von Unternehmen erwartet wird, nicht allein Kriterien wirtschaftlicher
Effizienz in ihren Entscheidungen anzulegen, sondern auch nach nichtökonomischen
Gesichtspunkten zu handeln. Niklas Luhmann (1986) sprach von möglichen
"Effektexplosionen" im Wirtschaftssystem, wenn diesem zugemutet wird, in
Entscheidungen die Orientierung an wirtschaftlicher Rationalität zu
kompromittieren, sich also Logiken anderer sozialer Systeme zu unterwerfen.
Milton Friedmans
(1983 [1970]) viel zitierter Satz, die soziale Verantwortung von Unternehmen sei
die Erwirtschaftung von Gewinn, wird der liberalen Vorstellung funktional
differenzierter Gesellschaft viel eher gerecht als das entdifferenzierende
Konzept der "corporate social responsibility".
Die Orientierungslosigkeit, die Manager angesichts häufig diffuser, sich
unkontrolliert wandelnder Anforderungen an sozial verantwortliches Handeln zum
Ausdruck bringen (Hiß 2005: 104), sind ein Zeichen für solche möglichen
unkontrollierten Effekte entdifferenzierender Überfrachtung ökonomischer
Entscheidungen. Die systemischen Limitationen, denen Unternehmen unterworfen
sind, lassen vermuten, dass die effektive Steuerung gesellschaftlicher
Folgeprobleme wirtschaftlichen Handelns nicht durch die Wahrnehmung sozialer
Verantwortung von Unternehmen geleistet werden kann. "Corporate social
responsibility" erreicht keine effektive Internalisierung sozialer
Folgeprobleme, sondern im Wesentlichen symbolische Reaktionen auf reale
Probleme. Die vom soziologischen Institutionalismus eingeführten Begriffe
"Mythos" und "Zeremonie" sind hierbei ebenso erhellend wie beunruhigend. Sie
zeigen an, dass gesellschaftliche Steuerung, die auf der "gesellschaftlichen
Verantwortung von Unternehmen" beruht, entweder auf dem manipulationsanfälligen,
häufig auf Skandalisierung ansprechenden, hochgradig selektiven
Aufmerksamkeitshorizont von Konsumenten basiert oder aber kollektiven Mythen
organisationaler Felder überlassen wird, die Entscheidungsprozesse
unternehmerischen Handelns beeinflussen.
Als empirische Beschreibung mag dies durchaus angemessen sein, wie sich an der
Inkonsistenz sozial verantwortlichen Handelns von Unternehmen und Konsumenten
gut beobachten lässt: Äpfel aus Südafrika werden boykottiert;[2] zugleich werden
die Exporte aus Ländern mit ähnlichen Menschenrechtsbilanzen konsumiert, weil
die Problematik außerhalb des gegenwärtigen Aufmerksamkeitshorizonts von
Konsumenten und sozialen Bewegungen liegt. Wale werden geschützt und
gleichzeitig die Meere leer gefischt. Kernkraftwerke waren einmal
lebensbedrohlich. Wen kümmert heute noch die Sicherheit von Kernkraftwerken? Ein
Unternehmen fördert Sozialprojekte für Jugendliche in einem Berliner Kiez und
streicht gleichzeitig Ausbildungsplätze, die diesen Jugendlichen eine
Perspektive im Arbeitsleben geben würden.
Als Instrument der Bearbeitung sozialer Folgeprobleme unternehmerischen Handelns
ist das Steuerungskonzept der sozialen Verantwortung von Unternehmen ineffektiv,
weil mit ihm nicht mehr als marktopportunistische und "zeremonielle" Reaktionen
auf komplexe Probleme erreicht werden, zugleich aber die Umweltunsicherheit für
Unternehmen durch die Aufforderung zu Entscheidungen nach nichtökonomischen
Kriterien erhöht wird.[3] Zudem gilt für "good corporate governance" - einen häufig
mit "corporate social responsibility" parallel verwendeten Begriff (Hiß 2005: 8)
-, was Claus Offe und Ulrich Preuß (2005: 9ff) scharfsinnig für das Konzept der
governance allgemein feststellten: Es handelt sich um "government without
opposition". Das heißt, es fehlen institutionalisierte, mit Kompetenz und
formalen Kontrollrechten ausgestattete Systeme kontinuierlicher Beobachtung, wie
sie die parlamentarische Kontrolle einer Regierung auszeichnen.
Dies verweist im Umkehrschluss auf einen weiteren problematischen Aspekt des
Konzepts der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen. Unternehmen fehlt
die demokratische Legitimation, selbst Regeln zu setzen. Unternehmen sind weder
von Bürgern ermächtigt, Rahmenbedingungen zu gestalten, noch werden sie von
diesen demokratisch kontrolliert. Von Unternehmen entwickelte
Verhaltensstandards, die dann freiwillig eingehalten werden, können sich daher
kaum von dem Verdacht befreien, Rahmenbedingungen allein im eigenen Vorteil
gestalten zu wollen (Scherer 2005: 10f).
Die Alternative zu Forderungen nach freiwilliger sozialer Verantwortung im
mittleren und äußeren Verantwortungsbereich liegt in der Institutionalisierung
eines Ordnungssystems der Wirtschaft, in dem klare rechtliche Vorschriften den
Handlungsrahmen der Unternehmen institutionell abstecken, den diese dann aber
auch im Wettbewerb interessenorientiert ausschöpfen können. Nicht Forderungen
nach freiwillig höherer Entlohnung sind angemessen, sondern die gesetzliche
Erhöhung von Mindestlöhnen. Nicht die Förderung von Opernhäusern oder
Umweltprojekten durch philanthropisches Engagement werden der sozialen
Verantwortung von Unternehmen in einer funktional differenzierten Gesellschaft
gerecht, sondern die Besteuerung von Unternehmensgewinnen zur Finanzierung einer
durch das politische System demokratisch legitimierten Kultur- und
Umweltpolitik. Es geht um die Absteckung eines rechtlich verbindlichen Rahmens
unternehmerischen Handelns, nicht um situative Abweichung von ökonomischen
Zielkriterien anhand diffuser Erwartungshaltungen. Die verbindliche
Regelungsstruktur ist Ergebnis von Aushandlungsprozessen zwischen den
interessierten Parteien - einschließlich Unternehmen, Interessenverbänden und
zivilgesellschaftlichen Akteuren - im Kontext demokratisch legitimierter
Institutionen. Hierbei besteht die Aufgabe einer Wirtschaftsethik darin, diesen
Diskurs zur Festlegung verbindlicher Regeln durch ethische Reflektionen
mitzugestalten.
5.
Eine auf verbindliche Rahmensetzungen aufbauende Institutionalisierung von
Anforderungen an Unternehmenshandlungen wird der profunden, im neuen
soziologischen Institutionalismus allerdings häufig leichtfertig beiseite
geschobenen soziologischen Erkenntnis gerecht, dass Gesellschaften ihre
Wertvorstellungen durch die Ausgestaltung sanktionsbewehrter Institutionen
realisieren. Max Weber und Emile Durkheim hatten dies klar verstanden, als sie
die Transformation von Wertesystemen anhand der Veränderung rechtlicher
Strukturen untersuchten (Lepsius 1995; Beckert 2004). Mit Luhmann gesprochen
geht es um die Programmierung des Wirtschaftssystems auch durch die Festlegung
der rechtlichen Rahmenordnung wirtschaftlichen Handelns.
Natürlich befinden sich die Möglichkeiten staatlicher Steuerung wirtschaftlichen
Handelns angesichts der Orientierung wirtschaftspolitischer Diskurse an
marktliberalem Denken und der zunehmenden Möglichkeiten von Unternehmen durch "exit"
die nationalstaatlichen Regulationsräume zu verlassen, unter enormem Druck. Es
ist insofern eine völlig offene Frage, welche politischen
Steuerungsmöglichkeiten in einer globalen Ökonomie bestehen werden (Beckert et
al. 2004). Das Konzept einer freiwilligen "gesellschaftlichen Verantwortung von
Unternehmen" entspringt demgemäß nicht nur der Absicht von Unternehmen,
staatlicher Regulation zuvorzukommen, sondern reagiert auch auf die abnehmende
Steuerungskapazität des Staates. Die Konjunktur des Konzepts der
gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen zeigt aber auch, dass die
Schwächung der regulativen Kapazitäten des Staates nicht - wie von Befürwortern
staatlicher Deregulation erhofft - zur umstandslosen Durchsetzung ökonomischer
Marktprinzipien führt, sondern vielmehr die Unternehmen jetzt selbst zu
Ansprechpartnern auch für die nichtökonomischen Belange der Gesellschaft macht, sei
es bei der Finanzierung von Opernhäusern oder der Errichtung eines
Gesundheitssystems – wie in Südafrika, wo der Staat nicht in der Lage ist, diese
Aufgabe selbst zu übernehmen Unter diesem Gesichtspunkt könnte die
Schwächung des Staates ein Pyrrhussieg für Unternehmen sein, die nun selbst in
den Aufgabenbereich des Staates gedrängt werden, ohne aber über die Legitimation
und die systemischen Voraussetzungen für die Erfüllung dieser Aufgaben zu
verfügen. Dies aber könnte das Wirtschaftssystem in seiner ureigenen Funktion
beeinträchtigen: der effizienten Erstellung und Verteilung knapper materieller
Güter. Auch so lässt sich Friedmans berühmtes Diktum lesen.[4] Eine Kritik daran
sollte möglicherweise weniger auf die Ausdehnung sozialer Verantwortungsbereiche
von Unternehmen zielen als vielmehr dessen Unvollständigkeit hervorheben: Die
soziale Verantwortung von Unternehmen besteht nicht nur darin Profit zu
erwirtschaften, sondern auch Einkommensströme in Form von Arbeitnehmereinkommen
und Steuerabgaben zu generieren. Mit diesen Ressourcen und der Durchsetzung der
Bestimmungen der rechtlichen Rahmenordnung kommen Gesellschaften am ehesten
ihren solidarischen Pflichten nach.
Endnoten
1
Solche legitimierten Handlungsstrategien können natürlich auch an moralischen
Maximen orientiert sein.
2
Die Rede von einem "Markt" für "corporate social responsibility" (vgl. hierzu
Hiß 2005: 113) ist hier aufschlussreich, weil Marktprozesse (Preisbildung) auf
kontingenten und damit fluktuierenden individuellen Präferenzen beruhen, nicht
jedoch auf die Lösung kollektiver Ordnungsprobleme zielen.
3
Zur funktionalen und normativen Ambivalenz moralisch motivierten Handelns in
Marktkontexten siehe auch Beckert (2005).
4
Auch Friedman berücksichtigte übrigens die Verpflichtung von Unternehmen zur
Rechtstreue.
Literatur
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Die soziologische Herausforderung der ökonomischen Institutionentheorie. In:
Andrea Maurer/Michael Schmid (Hrsg.), Neuer Institutionalismus: Zur
soziologischen Erklärung von Organisation, Moral und Vertrauen. Frankfurt
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Beckert, Jens, et al., 2004: Transnationale Solidarität: Chancen und Grenzen.
Frankfurt a.M.: Campus.
Beckert, Jens, 2005: The Moral Embeddedness of Markets. MPIfG Discussion
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