Restriktionen und Optionen linkssozialistischer Politik in Regierungsverantwortung. Das Beispiel Berlin

Brie, Michael ; Reißig, Rolf

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URL http://edoc.vifapol.de/opus/volltexte/2009/949/
Dokumentart: Bericht / Forschungsbericht / Abhandlung
Institut: Rosa-Luxemburg-Stiftung
Schriftenreihe: Standpunkte
Bandnummer: 2005,11
Sprache: Deutsch
Erstellungsjahr: 2005
Publikationsdatum: 17.03.2009
DDC-Sachgruppe: Politik
BK - Basisklassifikation: 89.14 (Sozialismus), 89.61 (Politische Parteien)
Sondersammelgebiete: 3.6 Politik und Friedensforschung

Kurzfassung auf Deutsch:

Im Unterschied zu den meisten anderen west- sowie nordeuropäischen Ländern galt für die Geschichte der Bundesrepublik linkssozialistische Partei und Politik in Regierungsverantwortung als unvorstellbar. Eine einflussreichere sozialistische Partei links von der Sozialdemokratie gab es nicht. Linksregierungen schienen kein Thema. Erst mit der Entwicklung der PDS nach 1989/90 (unabhängig davon, ob sie eine linkssozialistische Partei ist) wurde das bislang Unvorstellbare auch in Deutschland auf die politische Agenda gesetzt. Und das sorgte für Aufregung. Vor allem natürlich im konservativen Lager. Doch auch die SPD fasste alsbald einen »Unvereinbarkeitsbeschluss«, der Zusammenarbeit und Koalitionen mit der PDS ausschloss. Nichtsdestotrotz kam es zum »Magdeburger Tolerierungsmodell« (1994–2002) und in Mecklenburg-Vorpommern (seit 1998) zur ersten PDSRegierungsbeteiligung auf Landesebene. Ende 2001 wurde gar in der Hauptstadt Berlin mit ihrer Ost-West-Dimension ein rot-roter Senat gebildet. Aufregungen und kontroverse Diskussionen über die PDS-Regierungsbeteiligung waren seitdem mehr im pluralen linken Spektrum zu verzeichnen. Das freilich konnte weniger überraschen. Denn linkssozialistische Politik in Regierungsverantwortung ist kein Bewegen auf eingefahrenen Gleisen, sondern das Beschreiten von Neuland. Und das ohne größere Erfahrungen, ohne ausreichenden konzeptionellen Vorlauf und ohne die Möglichkeit, auf bewährte und tragfähige Projekte und Instrumente zur Gestaltung und Veränderung der Gesellschaft zurückgreifen zu können. Keine Frage – linke Politik in Regierungsverantwortung ist ein konflikthaftes und ambivalentes Projekt. Statt der abstrakten Obmusste nun eine praxisbezogene Wie-Debatte geführt werden. Was hier also abläuft ist ein einmaliger gesellschaftlicher Test, für die PDS und ihre Politik, aber auch für die gesamte Linke und nicht zuletzt für die politische Öffentlichkeit und politische Kultur der Bundesrepublik. In diesem Sinne ist linkssozialistische Partei und Politik in Regierungsverantwortung auch ein Projekt strategischen Lernens, ein Prüfstein der Fähigkeit der PDS und der demokratischen Linken zum Organisationslernen als Erfahrungslernen. Der notwendige kollektive Lernprozess verträgt sich nicht mit feststehenden und nicht zu hinterfragenden Gewissheiten, sondern erfordert auf allen Seiten Offenheit, kritische Prüfung der Ergebnisse und Erfahrungen linker Regierungsbeteiligung und die Fähigkeit zur Kurskorrektur.


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