Globalisierung und innenpolitische Stabilität : Der Einfluss außenwirtschaftlicher Öffnung auf das innenpolitische Konfliktpotential

Schneider, Gerald ; Bussmann, Margit

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URL http://edoc.vifapol.de/opus/volltexte/2009/2023/
Dokumentart: Bericht / Forschungsbericht / Abhandlung
Institut: DSF - Deutsche Stiftung Friedensforschung
Schriftenreihe: Forschung // DSF / Deutsche Stiftung Friedensforschung
Bandnummer: 2005, 2
Sprache: Deutsch
Erstellungsjahr: 2005
Publikationsdatum: 21.10.2009
Originalveröffentlichung: http://www.bundesstiftung-friedensforschung.de/pdf-docs/berichtschneider.pdf (2005)
DDC-Sachgruppe: Politik
BK - Basisklassifikation: 89.76 (Friedensforschung, Konfliktforschung), 89.71 (Internationale Zusammenarbeit: Allgemeines), 89.40 (Innere Beziehungen des Staates: Allgemeines)
Sondersammelgebiete: 3.6 Politik und Friedensforschung

Kurzfassung auf Deutsch:

Die fortschreitende Integration der Volkswirtschaften der Welt hat eine ausufernde Diskus-sion darüber entfacht, ob diese Dimension der „Globalisierung“ Frieden schafft, Konflikte schürt oder weder einen direkten noch einen indirekten Einfluss auf das Risiko politischer Gewalt ausübt. Zu den am heftigsten diskutierten indirekten Effekten gehören die Konse-quenzen der außenwirtschaftlichen Öffnung auf den inneren Zusammenhalt von Gesell-schaften. Globalisierungsskeptiker schreiben dem Abbau von Handelshemmnissen und Kapitalverkehrskontrollen negative Wirkungen zu; umgekehrt lässt die These des „Frei-händlerischen Friedens“ erwarten, dass sich Gesellschaften angesichts der vergrößerten Wohlfahrt, einer direkten Wirkung der Öffnung, durch außenwirtschaftliche Öffnung befrie-den lassen. Standardmodelle der Politischen Ökonomie qualifizieren diese politisch relevante, oft aber empiriefern geführte Debatte auf zentrale Weise: So lassen beide Standardmodelle zur Analyse der Wirkungen handelspolitischer Maßnahmen, das Ricardo-Viner- und das Heckscher-Ohlin-Modell (bzw. das Stolper-Samuelson-Modell), erwarten, dass die Libera-lisierung zunächst zu einem Umverteilungskonflikt führt. Aus diesem Grund werden sich die Verlierer der Globalisierung zumindest kurzfristig gegen den Liberalisierungsschritt wenden. Wenn die hauptsächliche Konfliktlinie in der Außenwirtschaftspolitik zwischen den Sektoren verläuft, wird die Opposition vom importkonkurrierenden Sektor kommen. Wirft die Handels- und Kapitalverkehrspolitik einen Graben zwischen den verschiedenen Fak-torbesitzern auf, ist eher mit Widerstand des knappen Faktors zu rechnen. Dies ist, verein-facht gesagt, in den Industrieländern die Arbeiterschaft und in Entwicklungsländern die Gruppe der Kapitalbesitzer. Wir haben diese politökonomischen Grundlagen zur Herleitung eines Modells genutzt, aus dem wir zwei grundlegende Hypothesen ableiten: Während langfristig außenwirtschaftliche Öffnung zu einer Stabilisierung der Gesellschaft führt, rechnen wir auf kurze Sicht mit einer Destabilisierung. Diese sich ergänzenden Hypothesen haben wir an verschiedenen Daten-sätzen, für unterschiedliche Ländersamples und eine Vielzahl von Definitionen der außen-wirtschaftlichen Öffnung überprüft. Die Globaluntersuchungen, die sich auf die Gruppe der besonders fragilen Entwicklungsländer bzw. sämtliche Nationalstaaten seit den 1960er Jahren beziehen, zeigen zunächst, dass sich besonders für die optimistische Einschätzung einige Evidenz finden lässt. So ist besonders in wirtschaftlich geschlossenen Ländern die Wahrscheinlichkeit größer als in wirtschaftlich offenen Staaten, dass die staatlichen Institu-tionen versagen, Gewalt zur Lösung politischer Konflikte eingesetzt wird oder Bürgerkriege ausbrechen. Andererseits finden wir auch einige Belege dafür, dass in Zeiten des außenwirtschaftspoli-tischen Wandels politische Akteure eher zu den Waffen greifen als in Perioden ohne wirt-schaftspolitische Reformen. Dies ließ sich zum Beispiel für die afrikanischen Staaten süd-lich der Sahara zeigen. Regierungen können den sozialpolitischen Zündstoff, den die au-ßenwirtschaftliche Öffnung kurzfristig mit sich bringt, durch geeignete Kompensations-maßnahmen entschärfen. Dies ergab insbesondere der Ländervergleich, den wir für Gui-nea und Guinea-Bissau unternommen haben. In Schwellen- und Industrieländern führt außenwirtschaftliche Öffnung nur begrenzt zu politischer Gewalt; in diesen oft demokra-tisch organisierten Staaten sollten Liberalisierungsmaßnahmen kurzfristig eher das Streik-aufkommen anwachsen lassen. Diese Erwartung haben wir vor allem für Lateinamerika untersucht. Unsere bisherige empirische Evidenz bestätigt in Einklang mit den politökono-mischen Modellen, dass sich die Verlierer gegen außenwirtschaftliche Öffnung stemmen können. So ist in Argentinien in den Monaten nach zentralen handelspolitischen Initiativen mit einem erhöhten Streikniveau durch Angehörige des importkonkurrierenden Sektors zu rechnen, während diese Reformen das generelle Streikniveau nicht verändern.

Kurzfassung auf Englisch:

The continuing global integration of national economies has instigated an extensive dis-cussion about whether this dimension of “globalisation” creates peace, fuels conflicts, or whether there is neither a direct nor indirect impact on the risk of political violence. Among the most fiercely discussed indirect effects are the consequences of foreign economic liberalisation on the internal cohesion of a society. Sceptics of globalisation attribute nega-tive effects to the reduction of trade barriers and capital controls. In contrast, the thesis of the “liberal peace” expects that societies become more peaceful as a result of increased welfare through economic openness. Standard political economy models of trade policy-making qualify this politically relevant debate in which systematically gathered evidence has not played a large role. Both stan-dard approaches, the Ricardo-Viner- and the Heckscher-Ohlin model (or the Stolper-Samuelson model), assume that liberalisation at first leads to a distributive conflict. For this reason the losers of globalisation resist, at least in the short run, liberalisation. If the con-flict over foreign economic liberalisation is fought along sectoral lines, opposition will come from the import-competing sector. If the division between factors is the key feature of trade policy-making, resistance will arise from the scarce factor. In the industrialized world, labor would loose under foreign economic liberalisation and capital would win. As capital is scarce in developing countries, the cleavage would take the opposite direction in these states. Based on these foundational approaches in modern non-classical economics we deduct a model from which we draw two hypotheses: Whereas in the long run foreign economic openness increases the political stability in a society, the process of liberalisation can de-stabilise a society in the short-term. We tested these complementary hypotheses with dif-ferent data sets and samples using a variety of definitions for foreign economic openness and liberalisation. The analysis of the global sample as well as the examination focussing on developing countries supported the optimistic assessment. In economically closed states the risk is higher than in economically open states that political institutions collapse and that actors use force to reach their goals. We also find some evidence that in times of foreign economic change political actors more likely resort to arms than in periods without political economic reforms. We could show this interrelation for example for states in Sub-Saharan Africa. Governments can defuse socio-political tensions resulting from foreign economic liberalisation through appropriate compensations, a finding that emerged in a comparative analysis that we conducted of Guinea and Guinea-Bissau. In developed coun-tries foreign economic liberalisation causes less political violence; in these often democ-ratically organised states measures of liberalisation should rather influence the incidence of strikes. We examined this assumption for Latin America. Our hitherto existing empirical evidence confirms political economic models showing losers of globalisation turning against economic reforms. For example in Argentina we cannot observe a change in the general strike activities after initiatives to liberalise trade but see a higher level of strikes among members of the import-competing sector.


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