Rechtsextremismus in Deutschland : Analysen, Erfahrungen, Gegenstrategien

Weitere beteiligte Personen: Helas, Horst (Hrsg.)

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URL http://edoc.vifapol.de/opus/volltexte/2009/867/
Dokumentart: Bericht / Forschungsbericht / Abhandlung
Institut: Rosa-Luxemburg-Stiftung
Schriftenreihe: Manuskripte // RLS, Rosa-Luxemburg-Stiftung
Bandnummer: 61
ISBN: 3-320-02909-6
Sprache: Deutsch
Erstellungsjahr: 2006
Publikationsdatum: 15.03.2009
DDC-Sachgruppe: Politik
BK - Basisklassifikation: 89.21 (Faschismus)
Sondersammelgebiete: 3.6 Politik und Friedensforschung

Kurzfassung auf Deutsch:

Inhalt Vorwort Einleitung Kapitel I: Rechtsextremismus heute: Übergreifendes PETRA PAU: Die Mitte der Gesellschaft ROLAND BACH: Die extreme Rechte – Feind der Demokratie REINER ZILKENAT: Das »Zentrum gegen Vertreibungen« und der grassierende Geschichtsrevisionismus. Vorgeschichte, Ziele, Planungen HORST HELAS: Der Platz des Antisemitismus im deutschen Rechtsextremismus der Gegenwart Kapitel II: Rechtsextremismus heute: Kommunales KLAUS BÖTTCHER: Rechtsextremismus heute. kommunalpolitische Aspekte DIERK BORSTEL: Rechtsextremismus und demokratische Kultur: Ein Lehrstück ausVorpommern JÖRG DETJEN: Die rechtspopulistische Mobilisierungsstrategie von »pro Köln« RALPH GABRIEL, REINER TIETZ: Keine Sorglosigkeit gegenüber dem Rechtsextremismus zulassen. Neues aus Oranienburg MATHIAS GÜNTHER: Bunte Arznei für »Grünes Herz« mit brauner Klappe? MICHAEL QUELLE: Antifaschismus – gelebte Haltung im Landkreis Stade LUTZ RICHTER: »Hinter der Idylle«. Die Entwicklung der rechten Szene in der Sächsischen Schweiz und Strategien zu deren Zurückdrängung Zu den Autoren Auswahlbibliographie Vorwort Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat in den letzten Jahren kontinuierlich die Auseinandersetzungen um rechtsextremistische Tendenzen begleitet. Theoretische wie auch praktische Fragen standen dabei immer in einer engen Beziehung. Mit der vorliegenden Publikation soll diese Arbeit dokumentiert und fortgesetzt werden. Dabei sehen wir uns mit einer Reihe neuer Erscheinungen konfrontiert, die die Auseinandersetzung mit rechtsextremistischen Anschauungen und rechtsextremistischer Politik, den sie tragenden Strukturen, mit ihren Quellen und ihrem sozialen Nährboden neu herausfordern. Es sind nicht nur der Wahlerfolg in Sachsen und tagtägliche Ausschreitungen rechtsextremistisch orientierter Jugendlicher, offen oder verdeckt handelnde Organisationen, Verlage oder die rechtsextremistische Musikszene. Dies alles könnte man als Fortschreibung bestehender Tendenzen sehen, die auch schon vielfach analysiert wurden. Auch dürfte es unwahrscheinlich sein, dass wir vor der Errichtung einer neofaschistisch geprägten Ordnung stünden. Die tatsächliche Gefahr ist, dass immer mehr Grauzonen entstehen in denen sich Elemente rechtsextremistischer Wertesysteme und Handlungsmuster mit akzeptiertem Alltagsverhalten überlappen. Die deutliche Verschärfung der Konkurrenz in der Gesellschaft wie auch im internationalen Maßstab, der beständig wachsende tatsächliche und moralische Druck vor allem auf ohnehin sozial Benachteiligte, der voranschreitende Verlust vieler Sicherheiten im Mittelstand und unter Kernbelegschaften wie auch schließlich die Schwächung von Möglichkeiten der Entwicklung kollektiver Handlungsstrategien, vor allem durch die deutliche Schwächung der Gewerkschaften und das Abhängen ganzer Regionen von wirtschaftlicher und sozialer Dynamik, bilden ein Umfeld, das empfänglich für rechtsextremistische Tendenzen macht. Erklärungsversuche, die darauf hinauslaufen, dass dies eben ein Resultat des Kapitalismus sei, helfen da nicht weiter. Insofern ist es richtig und notwendig, dass diese Publikation einen großen Bogen spannt – ausgehend von grundsätzlichen Fragen bis hin zu kommunalen und regionalen Handlungskonzepten und Erfahrungen. Wenn Roland Bach in seinem Beitrag den Zusammenhang zwischen dem Kampf gegen des Rechtsextremismus mit dem für eine Demokratisierung in der Gesellschaft in Beziehung setzt, so ist damit m.E. ein wichtiges Bindeglied von Aktivitäten auf verschiedenen Politikfeldern und -ebenen benannt. Die Verteidigung demokratischer Rechte und ihre Erweiterung bietet zudem zahlreiche Ansatzpunkte für Bündnisse bis in die Mittel- und Oberschichten hinein, wo sich Mobilisierung gegen Rechtsextremismus und Positionierungen gegen die Aushöhlung klassischer bürgerlicher Freiheiten und Rechte im Namen der »inneren Sicherheit« oder des »Kampfes gegen den Terror« miteinander verbinden. Diese Militarisierungstendenzen nach innen bilden gemeinsam mit einer neuen Form der Militarisierung der Außenbeziehungen eine gefährliche Mischung, die sich in den sozialen Beziehungen niederschlägt und einen in dieser Kombination neuen Nährboden für rechtsextremistische Anschauungen liefert: • Ausschluss von Konsensmomenten aus Entscheidungsprozessen und Negation der individuellen Urteilsfähigkeit – der »außerordentliche Eingriff«, auch unter Verletzung von Recht und Menschenwürde, als Normalfall • Akzeptanz physischer Gewalt und physischer Vernichtung als normaler Weg der Konfliktlösung • Hierarchisierung von Beziehungen jenseits des bürgerlichen »Vertrages«, Formierung eines Sonderrechtes in »sicherheitsrelevanten« Bereichen (auch hier wird durch den »Kampf gegen den Terror« eine neue Stufe markiert) aber auch in sozialen Bereichen und unter diesem Gesichtspunkt eine umfassende Uminterpretation von bürgerlichen Werten • Akzeptanz enger Zielkorridore in der Politik, vor allem hinsichtlich der Verteidigung des »Standortes« – Standortsicherung als Einheit von Sozialpolitik, Wirtschaftspolitik und globaler Sicherheitspolitik, Globalisierung »nationaler« Interessen • Veränderung von Sprache • Uniformierung, Reduktion und Unterdrückung von Verschiedenheit in Bezug auf das Verhalten im Arbeitsleben • Rückkehr zu Berufsheer und SöldnerInnentum auf einer neuen Stufe der Verwissenschaftlichung und Technisierung der Kriegsführung und Gestaltung von Konflikten – Trennung des Professionell-Technischen vom Ethischen. Diese Tendenzen entsprechen einer neuen Form von Herrschaftsausübung, die aber gleichzeitig versucht, durch die Ausweitung partizipativer Formen der Demokratie Teile der Gesellschaft neu zu integrieren. Auch in den herrschenden Eliten von Wirtschaft und Staat ist die Austarierung dieser Momente nicht unumstritten. Was kann politische Bildung vor diesem Hintergrund tun? Es reicht nicht, wie vielfach getan, im Sinne einer »Demokratieerziehung« konsensuale Mechanismen der Konfliktlösung, Antigewalttraining und Toleranztraining flächendeckend anzubieten. Dies kann nur eine Seite sein. Die dort realisierte Wertevermittlung muss sich mit Formen verbinden, die natürlich an erster Stelle über Ideologie und Strukturen informieren, Hintergründe deutlich machen, die beitragen, Gesellschaft als Gesellschaftlichkeit wieder zu verstehen. Gesellschaftlichkeit als Einheit von Wirtschaftlichem, Sozialem, Kulturellem und Politischem zu verstehen kann zu einem neuen Verständnis von Solidarität in einem globalen Sinne beitragen, stellt eigene Probleme in Beziehung zur Welt und kann so rassistischen, antisemitischen, fremdenfeindlichen und antidemokratischen Tendenzen Grundlage und Legitimität entziehen. Darüber hinaus muss die linke Bewegung, und dies ist vielleicht ein weiterer Baustein, wieder zu einem Ort werden, wo Menschen individuelle Überlebensstrategien entwickeln können. Wahrscheinlich ist dies, eine Wiederbelebung und Neukonstituierung eigener solidarischer Kultur in einer globalisierten Welt ein Eckpunkt im Kampf gegen Rechtsextremismus. Wir hoffen, mit diesem Band in diesem Sinne Anregungen geben zu können. Lutz Brangsch


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